Die Norfer Sappeure
Beiträge zur Geschichte des Sommerbrauchtums
im Kreis Neuss

Die Herkunft des Namens Norf *)

Nor Apa - Norpe - Norf


 


Die ubische Siedlung an der Römerstrasse, die das Neusser Lager mit Kaster an der Erft verband, rückte in den ersten Jahrhunderten n.Chr. nahe an den Norfbachlauf heran. Färbte damals schon der Name des Baches auf den der Siedlung ab?

Schulmänner wie die beiden Rektoren Opheys und Rückriem, die weit über ihren Lehrplan hinaus wirkten, forschten und nachdachten, haben sich über die Herkunft des Orts- und Gemeindenamens den Kopf zerbrochen.

Folgendes kam heraus: In der ältesten Norfer Urkunde, die wir kennen, nämlich von 1223 (Abschrift 18. Jh.), ist von "norpe" die Rede.

Rektor Opheys erläutert nach sorgsamen Sprachstudien:

"In der ersten Silbe "Nor" sehen wir das Bestimmungswort = nackter Fels oder steiniger Acker, vom Quellgebiet herrührend, - in der zweiten Silbe "pe" das abgeschliffene Grundwort "apa" =fließendes Wasser. Nor apa, nor afa oder nor efe (von dort nur noch ein kleiner Verwandlungsschritt zu "Norf") bedeutet also Bach, der auf felsigem, unfruchtbarem Boden entspringt. Daraus folgt, daß "Norf" der Name des Gewässers - des Baches - ist, dass die auf ihm entstandene Siedlung, die wohl auf dem westlichen hohen Ufer um den jetzigen Norfer Hof lag, nach ihm benannt wurde."
Und Rektor Rückriem beschreibt die Entstehung des Namens so: " Urkundlich begegnet uns Norf als "norpe" - nor apa oder nor afa, wobei apa und afa Wasser bedeuten. Das ist das einzig sichere Ergebnis. Die Siedlung erhielt jedenfalls den Namen nach dem Bach und dürfte nach neuesten Forschungsergebnissen zu den ältesten Siedlungsnamen im Kreis Grevenbroich gehören, ebenso wie Gohr und Glehn."

Das Original der hier erwähnten Urkunde ist nur noch in einer Papierkopie aus dem 18. Jahrhundert überliefert. Da sie der einzige komplett erhaltene Text der Ereignisse aus dem Jahre 1223 ist, soll sie hier in vollem Wortlaut (aus dem Lateinischen übersetzt) wiedergegeben werden:


Im Namen der heiligen und ungeteilten Dreieinigkeit. Ich, Engelbert, von (durch) Gottes Gnade(n) Erzbischof der heiligen Kölner Kirche, wünsche allen, die die vorliegende Urkunde sehen werden, in Ewigkeit die Gnade.

Obwohl wir aus der uns aufgebürdeten Pflicht des Hirtenamtes Schuldner sind in der Aufrechterhaltung des eigenen Rechts (d. h. obwohl wir unser Recht aufrechterhalten müssen), werden wir dennoch von einer bestimmten, besonderen Gemütsverfassung (Liebe) um die Kirchen und religiösen Personen bewegt, die umso mehr dem göttlichen Lob dienen, desto mehr sie ruhen müssen (sich enthalten müssen) vom Lärm weltlicher Entscheidungen.

Durch diese Betrachtung also bewegt, weil die ganze Zeit der Lebenden zum schlechten geneigt ist, übergeben wir, um die Listen schlechter Menschen abzuwenden, der Kenntnis sowohl den Lebenden als auch der Nachfahren, daß die Edlen Conrad von Dicke, seine Frau Livardis und die legitimen Söhne der beiden, Heinrich und Conrad ihr Allod (= Volleigentum, Freigut) in Norpe (Norf) mit allen seinen beliebigen Anhängen (dazugehörigen Ländereien) ruhig und ohne Unterbrechung den Besitz in einträchtiger Übereinstimmung der heiligen Kirche Mariens bei Neuss (Oberkloster) verkauft haben, und alle Boden- und verminderte (zerstückelte) Zehnten mit dem Recht der Schutzherrschaft der vorher genannten Kirche in Norf der heiligen Kirche Mariens durch unsere Hand übergeben haben, und selbst das Allod und die beiden Zehnten und das Patronatsrecht der Kirche und was auch immer an Recht sie alle hatten oder die Söhne durch die legitime Nachfolge zu haben hofften, zum Nutzen der vorgenannten Kirche gemäß der Sitte des Landes am Angesicht vor uns fest übertragen haben (wörtlich: eingeräumt haben).

Weil aber, da die Menschen schwankend sind, ihre Toten auch dem Zeitlichen Fall folgen (unterliegen), haben wir den Verkauf, die Schenkung und die feste Übertragung, die so gesetzlich vollzogen worden sind, durch Aufschreiben der gegenwärtigen Urkunde und nicht nur durch Aufdruck unseres Siegels sondern auch durch Bekräftigung von Zeugen vollzogen um den Schaden des Vergessens oder irgendeines Streites zu vermeiden, und wollen (so) verhindern unter Androhung des Bannes daß irgendeiner sich anmaßt, den Verkauf, die Schenkung und die Übertragung, die vorhergenannt sind, durch irgendeinen Zufall (oder: Unbesonnenheit) anzufechten, damit, wenn einer es versucht, er aus dem Buch der Lebenden (Im Himmel) gelöscht und nicht zu den Gerechten gezählt wird (wörtlich: und nicht mit den Gerechten aufgeschrieben wird).

Die Namen der Zeugen, die dabei waren, sind folgende: der Edle (Adlige) Theoderich von Milendunck, der Adlige Gerhard von Ra(n)derode, Hermann von Erperode und sein Sohn Theoderich, der Marschall von Alvetere, der Truchseß Tidericus von Munckhusen, Petrus de Warde, Gerhard Lyso, Ludolf von Gelverade, Godescakus Vercken, WilheIm Heisuron, Marsilius Galge, der Dekan (Propst) Heinrich, der Priester Hermann, der Lehrer Simon, ein Neusser Stiftsherr (Domherr), Neusser Schöffen und viele andere mehr.

Geschehen ist dies zu Neuss im Jahre der Menschwerdung des Herrn 1223, im Jahre der Indiktia 11 (Ankündigung der Steuer, beliebte mittelalterliche Zeitangabe) und im 6. Jahre unseres Pontifikats. «



Aus: Nor apa- Norpe- Norf. Ein Dorf wächst in Jahrtausenden. Norf 1974.
 

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