Irland 1980

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Unsere Irland-Tagebücher

23.08.1980 - 13.09.1980

Tagebuch

von Konni Offer

 2. Woche (30.08. - 05.09.1980)

Das Abenteuer Boot.

Samstag, 30.08.1980

 Wir standen um sechs Uhr auf, und machten uns das Frühstück selbst. Eine Stunde später starteten wir dann in Richtung Killaloe zum Boot. Zum Abschied von Kerry zeigte uns Irland alle seine Variationen des Wetters: Sonnenschein, Wolken, Regen und Wind. Aber ein herrlicher Regenbogen, den wir unterwegs sahen, machte den Regen wieder wett. 

 Gegen 09:35 Uhr erreichten wir die Marina von Derg Line Cruisers. Nach dem Ausladen des Gepäcks fuhren Wilhelm und Michael den VW-Bus zurück zum Flughafen. Die restlichen vier gingen in die Stadt zum Einkaufen. Abends sollte es die erste selbst gekochte Mahlzeit geben. Gegen Mittag kamen wir zur Anlegestelle zurück, mussten aber noch warten. Es wurden an diesem Tag viele Boote neu übernommen. 

 Mittlerweile waren Wilhelm und Michael mit dem Transferbus vom Flughafen zurück. Unter anderem kamen einige merkwürdige Typen mit an. Nach deren Ankunft folgte auch eine Wagenladung Bier; grob geschätzt ca. 250 Flaschen! Wie sich später herausstellte, blieben sie nur eine Woche. Im Laufe des Nachmittags gaben sie dann etliche negative Beispiele für unsere Nation ab - leider. Die Mitarbeiter der Marina arbeiteten wirklich viel um alle Boote in Ordnung zu bringen, aber den Chaoten ging dies alles nicht schnell genug. Sie maulten und meckerten in einer Tour.

 Dann war es soweit. Unser Boot, eine Illusion 37, getauft auf den Namen "Dunboyne", war bezugsfertig. Unser "Captain" Harald motivierte alle: "All hands an Deck!". Die Einräumarbeiten dauerten ca. anderthalb Stunden, aber da alles neu war, machte es viel Spaß. Inzwischen war es schon ziemlich spät geworden und so wurde beschlossen, heute Nacht in der Marina liegen zu bleiben. Wir begannen mit dem Kochen des Abendessens; es gab Spaghetti Bolognese. In den darauf folgenden Jahren sollte es dann Tradition werden, dieses Gericht am ersten Abend auf dem Boot zu kochen.

 Nach unseren ersten Erfahrungen war der Toilettenbesuch durch die anschließende Pumperei sehr interessant. Harald riet uns, auf der Toilette die dicken Pullover auszuziehen. Es sei wirklich Schwerstarbeit und man gerate dabei ins Schwitzen. Zum Abschluss des Tages gab's noch eine Runde Scrabble und alle fielen danach todmüde ins Bett.

 

Sonntag, 31.08.1980

 Nachts, gegen vier Uhr, tropfte Wilhelm Wasser ins Gesicht. Wir glaubten es würde regnen, aber draußen war es trocken. Es war nur das Kondenswasser unserer Dachluke, das allmählich abtropfte. 

 Das erste Frühstück misslang leider etwas. Die Eier waren "glibberig" und die ersten Toastscheiben sahen eher aus wie Kohle.

 Gegen 09:30 Uhr erhielten wir unsere Bootseinweisung. Sie war kurz und schmerzlos. Nach einer kleinen Einführungsrunde setzten wir unseren Instrukteur an Land ab und fuhren alleine weiter. Das Wetter war angenehm lau. Gegen Mittag machten wir unser erstes Anlegemanöver im Hafen von Dromineer. Jeder hatte seinen zugeteilten Platz und obwohl alle sehr aufgeregt waren, klappte es prima.

 Zum Mittagessen sollte es Bratkartoffeln mit Spiegelei und Tomatensalat geben. Leider ließ uns die Pfanne etwas im Stich und es pappte alles fest. Als Ergebnis unserer Bemühungen gab es ein "matschiges" Bauernomelett mit Tomatensalat. Die Männer schütteten sich zur Krönung des Ganzen noch Ketchup darüber, was Karin zu der Bemerkung ihrem Mann gegenüber veranlasste: "Das gibt es aber zu Hause nicht mehr!". Unsere Ochsenschwanzsuppe (Tüte!) wurde klumpig und so gab's als zweiten Versuch eine Gemüsesuppe (auch Tüte!). Trotz dieser Probleme beim ersten Mittagessen an Bord sind alle gut satt geworden.

 Dann ging die Fahrt weiter. Gegen Nachmittag zeigte sich dann auch die Sonne. Da wir alle nach dem "Zwiebelprinzip" angezogen waren, fielen nach und nach die Hüllen. Kurz vor der Ausfahrt aus dem Lough Derg wurde geankert und die Männer warfen ihre "Italiener" aus. (Erläuterung "Italiener": Beim letzten Urlaub hatte Harald sich aus Italien einige Kunstköder (Blinker) mitgebracht, die nun ausgiebig genutzt wurden.) Unser Oberitaliener (Wilhelm) hatte nach einer halben Stunde per Zufall einen Fisch an der Angel. Er durfte wieder schwimmen gehen. Den zweiten Fisch konnte Michael an Bord bringen. Da uns ein Fisch zu wenig erschien, setzten wir auch diesen wieder in den Fluss zurück. Kurz danach fing Harald den dritten Barsch. Alle zusammen hätten eine gute Mahlzeit ergeben.

 Da die Drehbrücke in Portumna nicht mehr öffnete, fuhren wir nach Terryglass zurück. Es gab ein Gourmet-Dinner bestehend aus dem Räucherlachs aus Killorglin mit Toast, Zwiebeln und Eiern. Wilhelm und Harald wollten noch die Aalschnur auslegen und machten den Fischen einen appetitlichen "Fraß" zurecht. Wie wir später erfuhren, waren Aalschnüre nur für Berufsfischer erlaubt. Aber wo kein Kläger, da kein Richter!

 Gegen elf Uhr ging's dann in die Kojen.

 

Montag, 01.09.1980

 Nach dem Frühstück legten wir ab in Richtung Portumna. Die Drehbrücke öffnet nur zu bestimmten Zeiten und muss generell für alle Boote geöffnet werden. Wie wir am Anleger erfuhren, hatten unsere "Freunde" von Samstag, die mit dem vielen Bier, dies nicht berücksichtigt und sich den oberen Teil ihres Bootes unter der Brücke abgefahren. Ob's am Alkohol lag, konnte nicht mehr festgestellt werden.

 Hinter der Brücke ging es dann auf dem Fluss weiter in Richtung Banagher. Nach ein paar Kilometern mussten wir dann unsere erste Schleuse (Meelick) bewältigen. Das Schleusenmanöver absolvierten wir mit Bravour. Mit den Ketten zum Festhalten innerhalb der Schleuse sah es aus, als ob man am Pranger hängt.

 In Banagher wurde Großeinkauf gemacht. Wir fanden ein Geschäft mit einer relativ großen Auswahl und konnten uns unsere Lieblingsgerichte zusammenstellen. Die Gemüseauswahl ging über die obligatorischen Möhren, Kohl und Tomaten hinaus. Mittags sollte es Fischstäbchen mit Kartoffelpüree und Gurkensalat geben. Aus Platzmangel in der Kombüse musste das Kartoffelpüree auf der Treppe gestampft werden.

 Auf der Weiterfahrt nach Clonmacnoise spielten Micky, Michael und Wilhelm Skat. Ich wollte mich nur etwas auf's Bett legen und lesen, nippelte aber ab und wachte erst auf, als beim Anlegen das Boot stark schaukelte und ich beinahe aus dem Bett gefallen wäre. Wilhelm und Harald fuhren mit dem Dinghy ins Schilf. Nachdem Wilhelm einen teuren Wobbler mindestens 100 m weit geworfen hatte (der Knoten war nicht fest genug) gaben sie es schließlich auf. Hinterher wurden auf der großen Wiese, unterhalb der zerfallenen Burg, noch Würmer für das Nachtangeln gesucht.

 Das Abendessen mit belegten Broten schmeckte uns vorzüglich, auch wenn der kleine Camembert für teure fünf Mark der pure Luxus war.

 

Dienstag, 02.09.1980

 Wir standen erst relativ spät gegen neun Uhr auf. Nur Wilhelm machte ab sieben Uhr einen Morgenspaziergang, weil er nicht mehr schlafen konnte. Es gab ein reichliches Frühstück mit Rühreiern und Speck. Dann ging die Fahrt weiter.

 Durch die lauten Motorengeräusche war die Verständigung während der Fahrt manchmal etwas schwierig. Michaels "Kirche" verstand Wilhelm als "Hirsche". Als Kommentar hierzu meinte Wilhelm dann: "Es sind doch nur Kühe".

 Nach der nächsten Schleusendurchfahrt hielten wir in Athlone zum Wassertanken. Das Nachtangeln in Clonmacnoise hatte drei Aale ergeben. Harald und Wilhelm beschäftigten sich mit der Enthauptung der Fische und die Frauen kochten. Wir verließen die Marina nach dem Essen, um den zweiten See, den Lough Ree, zu überqueren.

 Zwei Stunden später konnten wir keine nummerierten Bojen mehr finden. Wir stellten fest, dass wir uns verfahren hatten. Der Umweg war allerdings noch nicht sehr groß, so dass wir noch gut umkehren konnten. Wir hatten Glück gehabt, dass wir nicht, in dem im Shannon-Guide mit Felsen markierten Gebiet, aufgelaufen waren. Aber es war schließlich der erste "Verfahrer" auf unserer Tour. Gegen Nachmittag erreichten wir Lanesborough und die Frauen gingen mit Michael einkaufen. Um sechs hungrige Mäuler zu stopfen, war dies nicht immer eine leichte Aufgabe. Zusätzlich musste noch ein Kuchen besorgt werden, da wir um Mitternacht ein "Geburtstagskind" hatten. Die Frauen schmückten die Kabine mit von zu Hause mitgebrachten Luftschlangen. Auch die Kerzen für den Kuchen waren von uns nach Irland importiert worden.

 Nach der Geburtstagsfeier schliefen alle tief und fest.

 

Mittwoch, 03.09.1980

 Gegen zehn Uhr wachten so langsam alle auf. Heute gab es nur ein Kurzfrühstück und danach fuhren wir ab in Richtung Termonbarry. Hier wurde die nächste Schleuse bewältigt. Kurz vor Roosky dann wieder eine Schleuse. 

 Das Mittagessen gab es erst am Spätnachmittag: Steaks mit Gurken-/Tomatensalat und Pellkartoffeln, ausgegeben von dem "Geburtstagskind". Die Küche musste nach dem Steakbraten von oben bis unten abgeschrubbt werden, da alles mit Fett vollgespritzt war. So wurde gezwungenermaßen die erste Generalreinigung der Pantry vorgenommen. Wir hatten einen schönen Liegeplatz für die Nacht ausgemacht, wo nur zwei Boote Platz fanden. Wir gingen alle zusammen in den Ort zum Einkaufen und tranken uns im Anschluss daran in einem Pub ein Bier.

 Gegen Abend saßen die Männer an Deck und angelten und nach kurzer Zeit entstand oben die erste Unruhe. Harald hatte einen großen Brassen an der Angel, von dem er zunächst vermutete, es sei ein Karpfen. Erst später erfuhren wir, dass es in Irland nicht nur keine Schlangen, sondern auch keine Karpfen gibt. Danach fing Michael den Zweiten. Jetzt waren die Männer im Anglerstress. Im Laufe des Abends fingen sie noch drei Aale und einen weiteren großen Brassen.

 

Donnerstag, 04.09.1980

 Als wir gegen neun Uhr aufwachten, tropfte der Regen auf's Dach. Wilhelm hatte festgestellt, dass ihm Nachts eine Katze seine beiden Köderfische geklaut hatte. Es gab ein Schnellfrühstück, die Fische wurden fotografiert und wieder frei gelassen. Wir fuhren weiter bis zur nächsten Schleuse, der Albert Lock. Kurz vor der Einfahrt klemmte der Gashebel. Beinahe rammten wir das Schleusentor, aber nach einigem Tricksen funktionierte das Gas wieder.

 In Carrick-on-Shannon, unserer nächsten Station, legten wir an. Die Männer hatten Küchendienst und spülten im Anschluss an das Mittagessen.

 Weiter ging die Fahrt. Wir hatten noch eine weitere Schleuse, Knockvicar, vor uns. In der Schleuse geschah dann das erste Missgeschick. Wilhelm rutschte am Heck aus und fiel unglücklicherweise auf sein bereits kaputtes Knie. Jetzt hatten wir einen Lädierten; hoffentlich bleibt es dabei!

 Die Maschine lief aber, auf Grund des Problems mit dem Gashebel, doch nicht so wie vorher und wir wollten im Lough Key bei der Derg Line anrufen. Im Hafen des Sees gingen wir bei strömendem Regen an Land. Wilhelm erreichte in Killaloe niemanden mehr, aber wir werden es morgen noch einmal versuchen.

 An einigen Stellen war unser Boot leider undicht. Die Duschen waren die einzigen Räume, wo es nicht tropfte. Gegen neun Uhr abends kam ein kräftiger Wind auf und das Boot wurde hin und her geschaukelt. Nicht dass heute Nacht jemand aus der Koje fällt. Wir waren aber alle optimistisch, dass der heftige Regen morgen aufhört. Hoffentlich brauchen wir heute Nacht im Bett keine Schwimmwesten, da die Dachluke im Bug auch undicht war. Zur Sicherheit legten wir den Regenmantel ("Schäfermantel") von Harald mit Steinen beschwert über die Luke.

 

Freitag, 05.09.1980

 In der letzten Nacht liefen auf unserem Deck zwei Hunde herum, die sich Micky und Karin schon am Nachmittag vorher zu Freunden gemacht hatten. Das Kratzen der Pfoten auf dem Deck hörte sich recht unheimlich an. 

 Der Wind hatte mittlerweile nachgelassen; als wir gegen acht Uhr aufstanden, war strahlend blauer Himmel. Wilhelm versuchte noch mal die Reederei zu erreichen, aber es meldete sich niemand.

 Beim Angeln hatte Michael eine dicke Teichmuschel gefangen. Da dies aber wirklich für eine Mahlzeit zu wenig war, wurde sie wieder in den See zurück gesetzt.

 Alle zusammen machten wir erst mal Generalüberholung des Bootes. Wir legten das Deck trocken und mussten die feuchten Bettsachen lüften.

 Gegen Mittag fuhren wir dann nach Drumbridge weiter - "End of Navigation". Es ist zwar eine kleine Anlegestelle, aber sehr schön gelegen. Wir drei Frauen fuhren mit den Fahrrädern zum Einkaufen, da der Ort Boyle ca. drei Kilometer vom Anleger entfernt ist. Da wir nur zwei Räder gemietet hatten, nahmen wir Karin, die Leichteste, auf den Gepäckträger und fuhren los. Mit den schweren Einkaufstüten war der Rückweg schon etwas beschwerlicher. Die am Anleger zurück gebliebenen Männer sollten bei der Ankunft mit großem Hallo begrüßt werden, aber die gute Laune der Frauen übertrug sich leider nicht. Die Herren der Schöpfung sahen aus, als ob sie in einem Beerdigungsinstitut beschäftigt wären. Es stellte sich heraus, dass jetzt auch noch die Wasserpumpe ihren Geist aufgegeben hatte. Wir beratschlagten: Jemand müsste am nächsten Tag nach Boyle, um in Killaloe anzurufen. Wilhelm konnten wir nicht schicken, da er mit seinem angeschlagenen Knie nicht radeln konnte. Somit war die Stimmung etwas gedrückt.

 

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Musik mit freundlicher Genehmigung von 
Rabies
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Musiktitel: Ballycanew (Copyright by Rabies)

 

 

 

 

 

 

Derg Line Cruisers Marina in Killaloe

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Tourist-Map Lough Derg

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Schleuse in Meelick

Normannen-Castle in Clonmacnoise

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Lanesborough Anleger

Der Geburtstagskuchen

 

 

 

 

 

 

 

 

fischen in Roosky

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Lough Key Forest Park

Lough Key Forest Park

 

 

 

 

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