Irland 1980

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Unsere Irland-Tagebücher

23.08.1980 - 13.09.1980

Tagebuch

von Konni Offer

1. Woche (23.08. - 29.08.1980)

 

Unser erster Besuch in Irland hatte eigentlich die Grundidee, einmal selber mit einem Boot zu schippern. Die Wahl fiel auf die grüne Insel, weil uns die vielen Schleusen in Frankreich abschreckten. So machten sich am 23.08.1980 sechs Freunde auf den Weg, ohne zu ahnen, dass sich daraus eine langjährige Verbundenheit und Liebe zu diesem Land entwickeln würde.

 

Samstag, 23.08.1980

 Abflug Düsseldorf - Hapag LLoyd Flug 651 - 10:00 Uhr

 Ankunft Shannon Airport 10:50 Uhr

 Nach einem guten Flug ohne Turbulenzen übernahmen wir am Flughafen unseren Mietwagen - einen blauen VW-Bus. Es war sonniges Wetter, azurblauer Himmel mit vereinzelten Wolken. Die ersten Kilometer "auf der falschen Seite" fahren ist etwas ungewohnt, aber da das Steuer auf der richtigen Seite (rechts) ist, gewöhnt man sich doch recht schnell an das Links fahren.

 Gegen 13:00 Uhr wurde die erste Pause eingelegt, denn alle hatten Durst. Beim Schließen der hinteren Schiebetür kommt diese Harald entgegen geflogen. Sie war aus der Schiene gerutscht. Da aber für die Reparatur kein Kreuzschlitzschraubenzieher (Cross-Screw-Driver) vorhanden war, fuhren wir mit offener Türe weiter. An der nächsten Tankstelle wurde der Schaden behoben. Gegen 14:00 Uhr ließ sich das Gaspedal nicht mehr richtig durchtreten. Auch dieses Problem wurde von den Männern nach etwas längerem Suchen beseitigt.

 Um viertel nach drei fanden wir dann endlich das Farmhouse der Familie Murphy in Castlemaine. Allen Erwartungen zum Trotz waren wir angenehm überrascht. Hier war wohl die Welt noch in Ordnung, denn auf Zimmerschlüssel wurde verzichtet.

 Nach einer Personen-Generalüberholung fuhren wir zum Strand nach Inch. Während der Fahrt kreuzten immer wieder Kühe, Ziegen und Schafe die Straße. Sie ließen sich nicht durch die Autos aus der Ruhe bringen. Am Strand wurden Muscheln gesammelt und Jod-S11-Körnchen getankt.

Nach dem Abendessen machten wir mit den Hunden der Murphys -Prince und Curley- noch einen Spaziergang durch den Ort. Um viertel vor zehn servierte uns die Hausherrin noch Tee mit Keksen und wir verbrachten einen gemütlichen Abend mit Schach, Lesen und einer Pfeife im besten Wohnzimmer.

 

Sonntag, 24.08.1980

 Um viertel nach neun gab es ein reichliches Frühstück, unser erstes "full Irish breakfast". Gegen 10:00 Uhr starteten wir in Richtung Ring of Kerry. Nach fünf Minuten stellte Wilhelm fest, dass der Fotoapparat im Farmhaus vergessen wurde. Wieder zurück. Alle bemerkten: "Gut, dass der Kopf angewachsen ist". 

Die Fahrt ging über Milltown zum Hotel Ard na Sidhe. Das Hotel liegt an einem malerischen See, dem Caragh Lake, und die Anglerherzen von Harald und Wilhelm machten Sprünge. Dort sollte es Forellen und Lachse geben. Die Anglerthemen der beiden ging den anderen nach einiger Zeit "auf die Socken".

 Abgelenkt wurden wir dann bei der Fahrt über steile Uferstraßen durch den tollen Ausblick auf die Skellig Rocks. Gegen Mittag machten die Bremsen unserer "Möhre" bei einer steilen Abfahrt von ca. 20 % Gefälle eigenartige Geräusche. Dies schien eine weitere Krankheit des Vehikels zu sein. Der Vorschlag, Michael als Bremsklotz vor die Reifen zu werfen, wurde mit Mehrheit abgelehnt.

 Die Fotokamera hatten wir jetzt zwar mit, aber Wilhelm hatte den Ersatzfilm vergessen. 

 In Waterville machten wir eine ausgedehnte Strandwanderung. Dabei holte sich Harald nasse Füße und Socken. Bei der Weiterfahrt wurden die Strümpfe, eingeklemmt im Autofenster, getrocknet. Die Rückfahrt führte dann über Killarney nach Castlemaine, wo es gegen sieben Uhr Abendessen gab.

 Danach gingen wir in den Ort zu Murphys Bar. Es war arg dicke Luft im Pub und sehr warm, aber wir bekamen unsere ersten Lifeeindrücke von irischer Folklore. Ein alter Mann ohne Zähne sprach uns an. Man konnte ihn kaum verstehen, aber mit seinem: "Oh, I know" und seinem freundlichen Fingerstups an die Schulter hat er uns gefallen.

 

Montag, 25.08.1980

 Der Tag begann wieder mit einem reichhaltigen irischen Frühstück. Danach ging es in Richtung Tralee und Dingle. An einem Hafen in der Nähe von Castlegregory sahen wir in einem Fischerboot einen Katzenhai zappeln. Wir hätten ihn gerne aus seiner misslichen Lage befreit, aber die Kaimauer war leider zu hoch.

 High Noon - the first Irish rain, aber Gott sei Dank nicht von langer Dauer.

 Am Brandon Point schien es uns, als sei die Welt zu Ende. Wir hatten von einer steilen Felsenküste aus einen herrlichen Ausblick auf das Meer. Die Straßen waren sehr schmal, aber wo ein "Willi" ist, da ist auch ein Weg.

 Unser Mittagessen in Dingle bestand aus Fish & Chips, dekorativ auf einer Mauer neben den Mülltonnen verspeist. Nach dem "Mahl" fuhren wir dann die Küste entlang nach Ventry. Aus dem Reiseführer entnommen: malerische Burg "Minard Castle". Ergebnis: vier halb verfallene Wände.

 Zurück zum Farmhaus wurde nach dem Abendessen Fernsehen geschaut, zusammen mit Gästen aus New York. Die Vorfahren der weiblichen Seite aus Düsseldorf, die der männlichen aus Hamburg. Man sieht, die Welt ist klein - alles eine große Familie.

 

Dienstag, 26.08.1980

 Nach dem Frühstück machten wir uns auf nach Killorglin. Die Frauen stiegen aus und die Männer fuhren weiter zum Caragh Lake (der mit den Lachsen und Forellen). 

 Teil 1 (Frauen): Im Ort gab es Geschäfte mit Auslagen wie bei uns Anfang der sechziger Jahre. Man fühlte sich in eine andere Zeit versetzt. Auf der Brüstung einer Flussbrücke wurde Pause gemacht. Ein freundlicher Ire sprach uns an und fragte, wie es uns in Irland gefällt. Als wir ihm dies mit "very good" beantworteten, strahlte er über das ganze Gesicht.

Nach einer Portion Lachs mit Salat in einem Pub sollte der Heimweg von ca. sechs Meilen zu Fuß bewältigt werden. Unterwegs roch es nach frisch gemähtem Heu und Kuhfladen. Kurz vor Castlemaine hatten wir allerdings Plattfüße. Nach einigen vergeblichen Versuchen ein Auto zu stoppen, hielt dann doch noch ein Ire, der ein Einsehen mit uns armen Frauen hatte, um uns bis Murphys Bar mitzunehmen.

 Teil 2 (Männer): Am Caragh Lake wurde bei einer hektischen älteren Dame ein Ruderboot gemietet. Nachdem die ersten Ruderschwierigkeiten (aufgelaufen, von der Ruderbank gefallen usw.) auf den ersten 200 Metern überwunden waren, machten sie eine kleine Kreuzfahrt über den See. Um 14:15 Uhr wurde der erste irische Fisch gefangen, eine mordsmäßige Forelle von ca. 20 cm. Es sollte der einzige Fisch des Tages bleiben. Man wurde das Gefühl nicht los, dass unten auf dem Grund jemand säße, der dauernd die Blinker abschnitt. Aufgrund des schönen Wetters hatten die Männer bei der Ankunft im Farmhaus große Ähnlichkeit mit gekochten Lobstern.

 Zum Dinner gab es Hammelsteak mit Bohnen. Es herrschte "helle Freude" bei allen über das Hammelessen. Unsere Nasen hatten sich nicht geirrt.

 Anschließend ging es wieder in Murphy's Bar. Ich meinte: Das Guinness schmeckt wie "abgeleckte Fensterscheibe". Der Einzige, der es mochte, war Wilhelm. 

 

Mittwoch, 27.08.1980

 Heute fuhren wir nochmals nach Killarney. Wir machten einen Rundgang durch den Ort, fuhren dann aber recht schnell weiter zur Muckross Abbey, da uns die Stadt etwas zu sehr touristisch angehaucht war. Im Park zum Muckross House fanden wir die Muckross Abbey dann auch - die Ruinen einer alten Franziskaner Abtei und den dazugehörigen Friedhof.

 Dann ging es ca. 1,5 km zu Fuß weiter zum Muckross House, welches sehr malerisch, umgeben von alten Bäumen und riesigen Rhododendronbüschen, an einem See liegt. Im Haus ist ein Museum mit sehr schönen alten Möbeln, Geschirr und entsprechend eingerichteten Räumen. Im Keller zeigten diverse Handwerker ihre alten Techniken. 

 Drei Kilometer weiter wollten wir zu den Torc Falls. Es führte ein ziemlich steiler Weg den Berg hinauf, aber runter ging es dafür umso besser.

 Nach unserer Klettertour fuhren wir zum Gap of Dunloe weiter. Seit dem Wasserfall hatten wir einen Dauernieselregen, der manchmal etwas stärker wurde. Am Gap of Dunloe gab es eine Menge Pferde, und Karin und Michael wollten sich schon eines aussuchen, machten dann aber doch einen Rückzieher. Der Weg hoch zum Gap war sehr matschig und die Pferde hatten Mühe nicht auszurutschen. Da heute kein Reiten angesagt war, fuhren wir dann doch zum Farmhaus zurück.

 

Donnerstag, 28.08.1980

 Heute standen Ardfert Cathedral und Abbey auf dem Plan. Danach, auf der Weiterfahrt nach Ballyghuigui, wurde ein wiederum verfallenes Schloss besichtigt. Später kamen wir an einen sehr schönen langen Strand, der zu einem Spaziergang einlud. In Ballybunion stoppten wir an einer halb verfallenen Burg. Auch hier gab es traumhafte Strände und Buchten. Der Golfplatz des Ortes gehört zu den sechs besten Golfplätzen Irlands.

 Über Listowell fuhren wir dann nach Tralee. Hier war alles geschmückt wie bei uns zu Hause zur Kirmes. Nächstes Wochenende findet ein Fest statt, die Wahl der "Rose of Tralee". Dieses alljährliche Fest ist die irische Version einer Misswahl, bei der das hübscheste Mädchen gekürt wird.

 

Freitag, 29.08.1980

 Um 09:00 Uhr gab es Frühstück, wie immer reichlich. Danach machten wir uns auf den Weg nach Glenbeigh zum Reiten. 

 Der nächste Treck um zwölf Uhr war leider schon komplett ausgebucht. Da wir nicht die zwei Stunden bis zur nächsten Tour warten wollten, entschlossen wir uns, noch mal zum Gap of Dunloe zu fahren. Ein Stück außerhalb von Glenbeigh machte unser VW-Bus mal wieder herzergreifende Geräusche. Wir mussten halten und der Sache auf den Grund gehen. Harald und Wilhelm sahen nach und hatten schon wieder zwei lose Autoteile in der Hand. Aber die Männer meinten, diese Teile seien nicht so wichtig. So legten wir diese zu den anderen, die wir schon hatten, und fuhren weiter. 

 Unterwegs redeten sich die vier, die reiten wollten, schon kräftig Mut zu. Es begann wieder stärker zu regnen, aber am Gap of Dunloe angekommen, ließen sie sich nicht von ihrem Vorhaben abbringen. Sie suchten sich Pferde aus und es ging an den Aufstieg. Micky und ich setzten uns in ein Café und probierten derweil einen Irish Coffee. Nach einer dreiviertel Stunde lugte Karin um die Ecke, nass wie ein Pudel und stinksauer. Auf halber Strecke hatte ihr Pferd seinen Dickschädel durchgesetzt und war mit ihr den Berg in vollem Galopp herunter gelaufen. Ihre Hilferufe hatten niemanden interessiert. Sie wärmte sich erst mal mit einem Irish Coffee. Nach einer weiteren halben Stunde tauchten auch die anderen Reiter pitschnass wieder auf. Auch sie hatten die "süßen" Pferdchen nicht bezwingen können. An der Zwischenstation beim Aufstieg hatten sie einfach kehrt gemacht um so schnell wie möglich in den warmen Stall zu kommen.

 Auf der Rückfahrt zum Farmhaus machten wir in Killorglin noch einen kurzen Stopp. Da alle auf den Geschmack gekommen waren, kauften wir in einer Räucherei am Fluss eine Seite Räucherlachs.

 Zurück zur Farm hatten die kühnen Reiter die Nase immer noch nicht voll. Jetzt sollte das Murphy-Pferd dran glauben. Aber das Pferd war etwas merkwürdig. Es blieb dauernd stehen und wir überlegten uns, ob man wohl bei ihm zehn Pence einwerfen muss, damit es sich bewegt. Zu allem Übel kam auch noch der Irish Wolvedog der Murphys auf die Wiese und wir flüchteten.

 Gegen neun Uhr abends gingen wir mit einer netten englischen Familie in Murphy's Bar. Eine halbe Stunde später begann die One-Man-Band mit der Musik. Als wir zum Farmhaus zurück gehen wollten spielte er per Zufall "Muss i denn, muss i denn zum Städele hinaus ...".

 Morgen heißt es Abschied nehmen von der Familie Murphy und den Hunden Prince & Curley. Die beiden werden uns bestimmt vermissen, da sie morgens immer unsere Frühstückswürstchen bekommen hatten. Diese schmeckten uns leider etwas zu sehr nach "Hustensaft".

 Es war eine schöne Woche und morgen beginnt die zweite Episode unseres Urlaubs:

Das Abenteuer Boot.

  nächste Woche: 30.08. - 05.09. nächste Woche : 30.08. - 05.09.1980 

Musik mit freundlicher Genehmigung von 
Folk Train
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Musiktitel: Fiddlers Green - CD Going On (Copyright by Folk Train)

 

 

 

 

vor dem Abflug in Düsseldorf

 

 

on Tour

 

Murphy's Farmhouse in Castlemaine

 

 

 

 

 

 

 

 

am Caragh Lake

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

unterwegs in Kerry

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Muckross Abbey

Muckross House

Muckross House Interieur

Torc Falls in Kerry

 

 

 

 

 

 

 

 

unterwegs in Kerry

 

 

 

 

 

 

 

Irische Farbenpracht

 

 

 

 

 

 

 

zu den weiteren Tagebüchern:

1993

1995

1999

2001