Irland 1980

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Unsere Irland-Tagebücher

23.08.1980 - 13.09.1980

Tagebuch

von Konni Offer

3. Woche (06.09. - 13.09.1980)

 

Samstag, 06.09.1980

Alle erwachten recht spät. In der Nacht war ein kleiner Sturm aufgekommen. Kurz vor dem Frühstück wurden wir von einem freundlichen Iren gefragt, ob jemand mit in den Ort fahren wolle. Er lag mit seinem Boot hinter uns und hatte sein Auto auf dem naheliegenden Parkplatz stehen. Jetzt hatte Wilhelm keine Ausrede mehr und er musste mit, ob er wollte oder nicht. Alle warteten gespannt auf seine Rückkehr. Als er dann nach geraumer Zeit wiederkam, erzählte er uns, dass wir nach Carrick-on-Shannon zur Emerald Star Line fahren sollten. Dort würde dann jemand nach unserer Wasserpumpe schauen.

 Wir fuhren los und waren gegen halb zwei in Carrick. Es kam jemand von der Marina und sah sich die Bescherung an. Da wir die gute Auswahl, die der Ort bot, schon zu schätzen gelernt hatten, gingen wir Frauen mal wieder zum Einkaufen. Nach unserer Rückkehr war der Schaden schon behoben.

 Zurück in Richtung Norden fuhren wir dann nach Leitrim - auch hier: "End of Navigation". Nun ging die allgemeine Duschzeremonie los, denn jetzt hatten wir ja wieder heißes Wasser. Wilhelm und Michael hatten direkt am Anleger einen Pub ausgemacht. Praktischerweise hatten die Männer sich tagsüber dort schon mit Bier versorgt, denn der Wirt erlaubte die Mitnahme der Gläser an Bord.

 Nach dem Abendessen tranken wir dort alle zusammen ein paar Biere. Als wir zum Boot zurückkamen, hörten wir in einer der Heckkabinen Stimmen. Michael, der Mutige, ging vor und es stellte sich heraus, dass er vergessen hatte, das Radio auszuschalten. 

 

Sonntag, 07.09.1980

 Gegen halb zehn kamen so langsam alle aus den Federn gekrochen. Wir versuchten das Boot zu drehen. Das war allerdings mit Schwierigkeiten verbunden, da das Boot fast genauso lang war wie der Kanal breit. Mit Hilfe der Ankerleine schafften wir es aber dann doch. Als Harald den Motor anließ, sahen Wilhelm und Michael, dass sich das Boot nur noch rückwärts bewegte. Der Gashebel hatte kurz zuvor wieder geklemmt. Wir machten das Boot fest, und Wilhelm ging wieder den ihm bekannten Weg zum Telefon. Er verfluchte im Stillen, dass er von allen die besten Englischkenntnisse hatte. 
In Killaloe ging aber mal wieder keiner ans Telefon. Später sollte ein erneuter Versuch gestartet werden. Wir spielten Karten und währenddessen ging vom Dach des Bootes durch einen Windstoß unser Plastikeimer fliegen. Harald versuchte ihn noch aufzuhalten, aber der Eimer sank schnell auf Grund. Mit Hilfe des Dinghy und des "Pinorkels" (Bootshaken) versuchten Harald und Michael das verflixte Ding zu finden. Statt des schönen Plastikeimers wurde aber nur ein alter verrosteter Blecheimer aus dem Wasser gezogen. Vorher hatte Wilhelm beschlossen, nach dem Eimer zu tauchen. Aber der Fußtest sagte, dass das Wasser viel zu kalt war. Unser aller Gelächter begleitete die ganze Aktion.

 Wilhelm ging noch mal anrufen und erreichte schließlich in Killaloe jemanden. Morgen früh würde ein Mechaniker kommen und sich den Schaden anschauen, wurde ihm gesagt.

 

Montag, 08.09.1980

 09:30 Uhr wurden alle von einer laut muhenden Kuh geweckt. Direkt gegenüber lag nämlich ein Bauernhof. Nach dem Frühstück erschien ein Monteur der Derg Line und sah sich unsere Gangschaltung an. Wie wir jetzt gelernt hatten, war er mit der irischen Grundausstattung an Werkzeug bewaffnet: ein Hammer und ein Schraubenzieher. Der Schaden war bald behoben und wir konnten weiterfahren.

 Da wir bei den Schleusen gut durchkamen, waren wir schon gegen 18:00 Uhr in Lanesborough. Wir wollten eigentlich abends essen gehen, aber leider gab es im Ort kein Restaurant. Es wurde also noch etwas eingekauft und wir machten uns selbst etwas zu essen. Wilhelm, Michael und ich gingen in einen nahegelegenen Pub um den Biernachschub zu besorgen. Zur "Stärkung" (denn: Guinness is good for you) mussten wir uns da natürlich auch ein Bier trinken. An der Bar standen einige Iren, die wie die Teufel wetteten. Dabei ging es um fünfzehn Pint of Guinness und der Wirt hielt alles genau schriftlich fest. Obwohl wir nicht alles verstehen konnten, war die Mimik der einzelnen Leute interessant zu beobachten.

 

Dienstag, 09.09.1980

 Wir standen nicht zu spät auf, da wir heute über den Lough Ree fahren wollten. Während der Fahrt regnete es in einer Tour und die Scheiben beschlugen. Hierbei half nur Kleenex. Der See war trotz des schlechten Wetters relativ ruhig.

 In Richtung Shannonbridge mussten wir durch die Schleuse in Athlone. Wir fuhren ein, aber da gerade Mittagspause war, mussten wir warten. So beschlossen wir, uns unser Mittagessen zu kochen. Es gab "Bremsklötze" (Frikadellen) mit Kartoffelpüree und Salat. Bei der Braterei qualmte es so sehr, dass man im Nachbarboot dachte, unser Boot würde abbrennen. Als wir gerade den letzten Bissen im Mund hatten, erschien der Schleusenwärter.

 Am Anleger in Shannonbridge war der Kai sehr hoch und der Liegeplatz recht laut. Direkt davor war eine Metallbrücke und bei jedem Auto dachte man, alles bricht zusammen. Deshalb beschlossen wir weiter nach Banagher zu fahren. Die Marina war gerammelt voll. Uns blieb nichts anderes übrig, als vor der Brücke anzulegen. Dort war es abends stockfinster. Michael und Wilhelm ließen sich aber trotzdem nicht erschüttern und gingen in einen Pub Bier holen. Gegen Mitternacht kamen die Zwei mit glänzenden Augen zurück.

 

Mittwoch, 10.09.1980

 In der Nacht war Wind aufgekommen und es klopfte ab sechs Uhr morgens dauernd an das Heck des Bootes. Michael ging im Schlafanzug an Deck und versuchte das Dinghy zu betricksen. Sein Ackern war jedoch nicht von Erfolg gekrönt. Das Schaukeln des Bootes nahm immer mehr zu.

 Um sieben Uhr standen Micky und Wilhelm auf, weil sie von dem Geschwanke nicht mehr schlafen konnten. Sie tranken einen heißen Tee, um sich aufzuwärmen. Gegen halb zehn schlüpfte dann der Rest der Mannschaft aus der Falle. Wir frühstückten und gingen dann zusammen in den Ort, um Geschenke zu besorgen. Die Geschäfte waren teilweise eher Rumpelkammern ähnlich, aber nach intensiver Suche fanden wir doch noch einige Sachen.

 Zurück zum Boot wollten wir in Richtung Meelick starten. Das Ablegen war aber etwas schwierig, da der starke Wind uns an die Kaimauer zurückdrückte. Ganz knapp schafften wir dann doch das Wendemanöver. Bei strömendem Regen fuhren wir weiter und legten in der Marina von Portumna an.

 

Donnerstag, 11.09.1980

 In dieser Nacht wurde der Rekord im Langschlafen von uns aufgestellt. Wir schliefen fast rund um die Uhr. Um elf Uhr sollte die Drehbrücke öffnen. Das Passage-Geld wurde schon vor der Abfahrt bezahlt; so konnten wir, ohne noch mal extra anzulegen, durchfahren.

 Der See war recht unruhig und da jetzt auch noch der Scheibenwischer ausgefallen war, hatten wir eine sehr schlechte Sicht. Durch die hohen Wellen waren die Bojen nur vage zu erkennen. Trotzdem schafften wir es gut bis nach Dromineer.

 Wilhelm ging zum Angeln und fing einen kleinen Hecht, der erste in Irland.

 Wir wollten eigentlich essen gehen, aber das Restaurant war uns zu teuer. So brutzelten wir wieder selber etwas.

 Nach dem Abendessen begann ein Sturm. Das Boot schwankte recht ordentlich und zur Sicherheit legten wir noch den Anker auf der angrenzenden Wiese aus. Das Boot hinter uns, ein etwas kleineres, wurde fast auf den Steg gehoben. Die Mannschaft dieses Bootes, zwei Belgier, zog es vor in einem Pub zu übernachten.

 

Freitag, 12.09.1980

  Nachtrag zu gestern:

 Gegen halb zwölf vollendete Wilhelm seine Ingenieurarbeit. Ich hatte die Türklinke der Bugkabine in der Hand und Wilhelm montierte sie wieder dran. Der Haken war, dass sich die Klinke zum Öffnen anschließend nur noch nach oben ziehen ließ.

 Wilhelm wollte zum Angeln aufstehen, aber als er das Wetter sah, drehte er sich wieder um. Der Sturm hatte nicht nachgelassen, und die meisten von uns hatten nur wenig geschlafen. Die Fahrt nach Killaloe würden wir uns wohl abschminken können. Unsere belgischen Nachbarn wollten auf die andere Seite des Hafenbeckens wechseln, da der Kai dort im Windschatten lag und die Wellen nicht so hoch waren. Wilhelm versuchte vom Ufer aus deren Boot abzustoßen, da sie gegen den Wind nicht von der Stelle kamen. Er schaffte es auch, konnte aber das Gleichgewicht nicht halten und plumpste im Zeitlupentempo kopfüber ins Wasser. Als ich "Mann über Bord" rief, nahm das keiner ernst. Wilhelm aber konnte noch stehen und wuchtete sich an Land zurück. Er stand da wie ein begossener Pudel.

 Gegen Mittag rief er in Killaloe an, um zu fragen, was wir machen sollten. Wir trauten es uns nämlich nicht zu, bei dem Sturm über den See zu fahren. Man sagte Ihm, dass  gegen Nachmittag der Wind abflauen sollte. Zu unserer Sicherheit wollte man uns aber trotzdem einen Lotsen schicken.

 Unser Mittagessen fiel "traumhaft" aus. Es sollte Bratkartoffeln mit Rührei geben, aber das Ganze wurde eine einzige Matsche.

 Gegen halb vier stand vor unserer Eingangsluke einpickeliger Jüngling, der sich als unser Lotse entpuppte. Wir hatten einen älteren, erfahrenen Seemann erwartet. Bei der Ausfahrt aus dem Hafen erkundigte sich der "Lotse" erst mal bei uns, in welche Richtung er denn jetzt fahren müsse. Wir tuckerten los und kurz hinter der Hafenausfahrt wurde es ganz nett schaukelig. Aber es sollte noch viel schöner kommen: Bei den ersten Querwellen schaukelte das Boot dermaßen, dass uns das Inventar aus den Schränken entgegen geflogen kam. Nach einiger Zeit umkreiste uns ein kleiner, gelber "Floh". Es war der Aqua Jeep der Derg Line mit Mr. Brian an Bord. Er leitete uns ein Stück über den See und zischte dann, als wir etwas ruhigeres Wasser erreicht hatten, in Richtung Killaloe los. Als der See dann wieder in den Fluss überging wurde es endlich ruhiger.

 Nach der Ankunft in der Marina mussten wir uns leider mit Kofferpacken beschäftigen.

 

Samstag, 13.09.1980

 Heute geht es wieder zurück nach Hause. Der Bus holt uns ab und bringt uns zum Shannon Airport.

 Trotz einiger kleiner Probleme mit dem Auto und dem Boot wird es ein unvergesslicher Urlaub bleiben. Die Insel, mit ihren tollen Landschaften, den sympathischen Menschen ohne Hektik und dem Himmel mit seinem wechselnden Spiel von Licht und Farben hat uns für immer verzaubert.

Man hat Heimweh nach Irland noch bevor man wieder zu Hause ist! 

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Musik mit freundlicher Genehmigung von 
Shamrock
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Musiktitel: Rare old Mountain Dew (Copyright by Shamrock)

 

 

 

 

 

 

 

 

Bei David in Leitrim

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Eimersuche im Fluss

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Shannon Stimmung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Lough Derg bei Dromineer

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ein "begossener Pudel"

 

 

 

 

 

Der AquaJeep der Derg Line

 

 

 

 

 

 

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