17.06.1995
– 08.07.1995
Tagebuch
von Konni Offer
Samstag, 17.06.1995
In der Nacht vor unserer
Abreise schliefen wir alle etwas unruhig und, vor allem, viel zu kurz.
Richard und Monika hatten bei uns in der „Gästewohnung“
übernachtet und durch das opulente Mahl vom Vorabend hatten auch
alle etwas Magendrücken.
Eine Freundin von uns, z.Zt. Strohwitwe, war mit uns Essen gewesen.
Ihr Mann war mit seinen Skatbrüdern für eine Woche in
Irland. Er hatte in dieser Woche tolles Wetter gehabt; mal sehen, was
Petrus uns bescheren wird.
Das Frühstück machte uns an diesem Morgen der Herr
„McDonalds“. So hatten wir zu Hause keine Arbeit.
Als wir aus Krefeld
zurückkamen stand das Taxi, ein kleiner Bus, bereits vor der Tür. Um
halb neun sollte es kommen, aber eine viertel Stunde vor der Zeit war es
da. So rafften wir unsere ganze Bagage zusammen und fuhren zum
Flughafen. Es sah aus, als ob wir drei Monate bleiben wollten oder als
ob zwölf Personen reisen würden.
Da wir früh am Flughafen waren, hatten wir noch Zeit in aller Ruhe
einen Kaffee zu trinken und im Dutyfreeshop einzukaufen. An der Kasse stellten wir dann mit Entsetzen fest,
dass wir
im falschen Terminal waren. So ließen wir alles im Körbchen und
hechteten zum Terminal „B“. Rapp, Zapp luden wir dort im DutyFree
wieder einen Korb voll (wir wussten ja jetzt, was wir haben wollten) und
zahlten.
Die Maschine war fast komplett ausgebucht. Durch unser frühes
Erscheinen hatten wir für den „schmächtigen" Richard noch einen
guten Platz mit viel Beinfreiheit bekommen. Die Dame am Lufthansa
Check-In-Schalter war sehr gut drauf.
Auf dem Flug hatte ich eine Mutter mit Kind neben mir sitzen.
Der Kleine roch etwas streng und brauchte erst mal eine frische Windel.
Den ganzen Flug über brüllte er ohne Unterbrechung, wohl wegen der
Übermüdung. Mein Nervenkostüm bestätigte mir, dass ich urlaubsreif
war.
Als wir endlich in Dublin ankamen, machte sich Erleichterung
breit. Das Gepäck ließ zwar etwas auf sich warten, aber schließlich hatten wir
alles zusammen. An der Information trafen wir einen Mann, der uns
mitteilte, dass sich der Transfer um eine Stunde verschieben würde. Der
Bus hatte wohl am Morgen einen Defekt gehabt wodurch sich alles
verzögert hatte. So mussten wir zwangsläufig unser erstes irisches
Bier trinken gehen.
Gegen ein Uhr meldete sich der Busfahrer bei uns und wir
konnten unser Gepäck in den Bus laden. Mit uns fuhren noch zwei weitere
Paare, die auch nach Carrick-on-Shannon mussten.
Der Transfer zog sich endlos hin. Teilweise war die Strecke
eine echte Bewährungsprobe für unsere Bandscheiben. Kurz nach drei
kamen wir dann bei TARA Cruisers an. Es war, wie vermutet, die alte
Rosebank-Marina.
Bei der Ankunft schien zwar die Sonne ab und zu durch die
Wolken, aber es wehte auch ein recht frischer Wind. Monika beeilte sich
ans Wasser zu kommen. Sie tauchte ihre Hand ins Wasser und gab uns allen
die Shannon-Taufe auf die Stirn.
Jetzt ging erneut die Warterei los. Wie sich herausstellte,
hatte die Marina unsere FAX- Bestellung der Lebensmittelliste nicht
erhalten. Dies war ihnen wohl sehr peinlich und man gab uns dafür den
Außenborder für die dritte Woche umsonst.
Nun machten wir Arbeitsteilung: Die Männer fuhren mit dem
bestellten Wagen zu Flynn’s zum Einkaufen und die Frauen räumten die
Koffer aus und das Boot ein.
Das Boot, die „TARA GRÚS“, war sehr geräumig und
komfortabel eingerichtet. Diesmal wollten
Wilhelm und ich im Bug und Monika und Richard im Heck schlafen.
Da wir an diesem Tag schon weiter wollten, und es doch recht
spät geworden war, machten wir uns direkt „auf die Socken“. Wir
wollten in Leitrim bei David anlegen. Dort war aber leider schon alles
besetzt und wir fuhren weiter.
Kurz vor Feierabend
meisterten wir noch die erste Schleuse des Shannon-Erne Waterways und
machten oberhalb der Schleuse zum Übernachten fest. Alle waren
rechtschaffen müde.
Wilhelm und ich bereiteten das Abendessen vor, die
obligatorischen Spaghetti Bolognese.
Nach dem Essen war allerdings die Luft raus. Es wurde noch ein
bisschen gequatscht und Wilhelm freute sich schon auf das Frühstück. Mein Kommentar dazu: „Für mich ist das Frühstück auch die schönste
‚Jahreszeit‘“.
Nun noch ein paar Seiten lesen und dann schlafen.
Sonntag, 18.06.1995
Wie vorhersehbar stand Wilhelm um fünf Uhr früh auf. Die Fische riefen. Gegen
sechs Uhr wurde auch ich von der Sonne und blauem Himmel geweckt. Aber mir war
es dann doch noch zu früh um aufzustehen. Nach einer Zigarette und ein paar
Seiten lesen schlief ich dann wieder ein.
Gegen halb neun wurden dann alle von Wilhelm geweckt. Er hatte schon fast die ganze
Palette der im Shannon vorkommenden Fische (1 Brassen, 1 Hecht, 1 Aal, 1
Barsch und 1 Rotauge) gefangen.
Jetzt hatte er jedoch, verständlicherweise, Frühstückshunger. Es wurde alles für
ein ausgiebiges Frühstück vorbereitet und es ging ohne „Brandenburger“
oder ähnliche Katastrophen ab.
Ab neun Uhr fingen die Ersten mit schleusen an und auch wir wollten, so schnell
wie möglich, starten. Es war zwar noch kalt, aber die Sonne tat ihr möglichstes.
Wir hatten sechzehn Schleusen vor uns, um in den Erne zu kommen. Da jeweils immer
nur ein bis zwei Boote schleusen konnten, hatten wir mit relativ langen
Wartezeiten gerechnet. Aber es lief sehr gut. Man hatte zwischendurch immer
etwas Zeit, sich mit den anderen Bootsleuten zu unterhalten oder ein paar
Wiesenblumen zu pflücken.
In Ballinamore wollten wir eigentlich für die Nacht anlegen, aber es passten nur
ein paar Boote hin und es war leider kein Platz mehr. In der vorletzten
Schleuse hatten wir leer hochschleusen müssen. Es kamen ein paar
„Intelligenzbolzen“ vorbei und eine Frau meinte: „Guck mal, es sind
beide Tore zu. Die Schleuse ist bestimmt kaputt“.
Monika und ich mussten doch sehr darüber lachen.
Richard und Wilhelm gingen zum Wehr angeln. Richard („PIKE PITTER“) hatte noch
nicht ganz ausgeworfen, da brüllte er schon: „Ich hab‘ Einen“. Wilhelm
kam zur „Ersten Hilfe“ mit dem Kescher. Es war ein Hecht: die richtige Größe
für eine Mahlzeit (53 cm „lang“ und ca. 2 ½ Pfund „schwer“). Aber
den wird’s wohl erst morgen geben.
Für heute war Steak mit Bohnen angesagt. Die Kartoffeln waren so dick, dass man
getrost sagen konnte: „Ich hab‘ nur einen Kartoffel gegessen und war
satt“. Das Sirloin Steak war hervorragend und reichlich. Nach dem Essen
versuchten die Männer das morgige Essen noch etwas aufzustocken. Es ging
wieder zum Wehr, aber das Glück war ihnen diesmal nicht hold. Die
Frauen hatten nun Muße etwas zu lesen. Nachher hatten wir zum Kartenspielen
noch immer keine Lust, da alle zu müde waren.
Montag, 19.06.1995
In der Nacht war Wind aufgekommen und es begann zu regnen. Der Wind hatte
Regenwolken mitgebracht und am Morgen war alles grau verhangen. Es regnete
Bindfäden. Wir hatten alle noch keinen Frühstückshunger und wollten vor dem
Frühstück noch ein Stück Weg hinter uns bringen. Die Männer regelten das
Ablegen alleine und die Frauen konnten im Bett liegen bleiben. Die zwei
Fahrensleute legten vor der nächsten Schleuse an und warteten auf das Grünlicht
um neun Uhr. Das Schleusen ging ruckzuck. Richard spielte Schleusenwärter.
Er stand da und sagte: „Good Morning, are you German?
I’m Richard,
the Lockkeeper from Lock Aghoo (gesprochen: ahuuuuu)“.
Heute sollte es ein „trockenes“ Frühstück geben ohne den Herd zu versauen. In
Haughtons Shore im Hafenbecken legten wir an. Wir konnten Wasser tanken und
machten Brunch. Nach dem Essen hatten wir alle schon wieder ein großes
Schlafbedürfnis. Aber wir gaben nicht nach, sondern fuhren weiter.
Die Strecke war sehr schön zu fahren, aber der Regen ließ nicht nach. In
Ballyconnell legten wir zum Einkaufen an. Bei Londis bekamen wir fast alles,
was wir suchten. Im Hardware-Laden sahen wir auch eine tolle Pfanne für 3,95
IRP liegen, aber leider hatte das Geschäft Montags geschlossen. Wir brachten
unseren Einkauf zum Boot und gingen zum Take-Away (eine „Kleinigkeit“
essen).
Danach ging’s weiter und wir passierten unsere letzten Schleusen im Kanal. Wir
beschlossen, zunächst doch in Belturbet zu übernachten, um später dann in
Richtung Norden nach Enniskillen weiter zu fahren.
In Belturbet hatte sich viel verändert. Die Emerald Star Line hatte eine große
neue Marina gebaut. Wir legten an und besuchten erst einmal Eamon’s Bar.
Dort war alles frisch renoviert. Die Wirtin erkannte Wilhelm sofort. Sie hatte
das Video von ihm erhalten und wollte sich mit einer Karte bedanken. Leider
hatte die Tochter aber den Karton mit unserer Adresse weggeschmissen. So
konnte sie sich jetzt nur persönlich bedanken.
Kurz nach uns erschien dann auch Charly, der Polizeichef von Belturbet, der vor
Jahren mit Udo und Wilhelm und anderen Gästen des Pubs bis vier Uhr morgens
gefeiert hatte. Als Nächster erschien dann Eamon auf der Bildfläche. Er
stutzte erst kurz, erinnerte sich aber dann an das Video und an Wilhelm und
mich.
Nach dem zweiten Bier beschlossen wir zu gehen und noch einen kleinen Spaziergang
durch den Ort zu machen.
Vor dem Supermarkt traf ich dann auf Eamon und er fragte: „Are you lost?
Shall I bring you back to the boat by car?“ Ich lehnte das Angebot herzlich
dankend ab und ging wieder zu den anderen. In einem kleinen „Kroseladen“
wurden noch zwei Gläser für Bier gekauft und ein paar schöne
Anstecker.
Heute Abend wartete der Hecht darauf, zubereitet zu werden. Er wurde filetiert, in
Sahnesoße gedünstet und dazu gab es Kartoffeln und Gurkensalat. Anschließend
musste auch noch der Rest Bolognese Soße dran glauben. Nach
dem Essen, bei Kerzenschein, erzählten wir noch etwas und fielen danach alle
todmüde ins Bett.
Alle, mit denen wir über das Wetter gesprochen hatten,
kündigten an, dass es ab Mitte der Woche besser werden würde. Wir
werden sehen. Da wir alle - wegen des Sauerstoffschocks - hundemüde waren,
schliefen wir wie die Toten.
Dienstag, 20.06.1995
Die Männer waren mal wieder früh aus den Federn gesprungen. Da wir spät zu Abend
gegessen hatten, fehlte der nötige Frühstückshunger. So fuhren wir erst mal
ein Stück in Richtung Norden nach Geaglum. Unterwegs sahen wir einen Eisvogel
mit seinem prächtigen Gefieder. Er sieht tatsächlich aus wie ein fliegender
Edelstein.
Wie es aussah, fuhren wir der Sonne entgegen. Es klarte auf und die Sonne zeigte
sich zögernd. Heute war zum Frühstück wieder Bacon & Eggs an der Reihe,
Wilhelms Spezialaufgabe. Nun konnten wir es wieder eine Weile aushalten.
Richard stürzte sich nach dem Frühstück aufs Spülen. Wilhelm legte das
Dinghy trocken. Durch den Regen von gestern hatte sich beachtlich viel Wasser
in ihm angesammelt. Die Gelegenheit war günstig und er probierte direkt den
Außenborder aus.
So hatte ich Zeit Tagebuch zu schreiben, ohne dass es durch das Vibrieren des
Motors unleserlich wurde. Es war eine herrliche Ruhe hier. Nach und nach
fuhren alle anderen Boote ab und wir hörten nur noch die Vögel zwitschern.
Gegen Mittag fuhren wir dann weiter. Die Sonne kam mehr und mehr durch und die
Wolken wurden immer weniger. In Enniskillen legten wir vor dem Schwimmbad an.
Für das Abendessen wurde kurzfristig umdisponiert. In Anbetracht des schönen
Wetters sollte heute gegrillt werden. Im großen Kaufhaus „ERNESIDE“ kauften wir unser Grillfleisch,
Baguette und Knoblauch. Ich war leider etwas fußkrank geworden; mein rechtes
Knie machte arge Probleme.
In der Nähe unseres Bootes waren Tische und Bänke auf einer Wiese. Wir
bugsierten alle unsere Grillutensilien dorthin und die Männer schmissen den
Grill an. Es sollte eine große Knoblauchorgie werden. Der Wind blies zwar
recht kräftig, fachte aber nicht den Grill an, sondern blies die Hitze weg.
Die erste Fuhre klappte ganz gut, aber dann dauerte es tierisch lange. So
zogen wir wieder um zum Boot und brieten uns die Spareribs in der neu
erworbenen Pfanne.
Wilhelm war heute Nachmittag mit dem Dinghy zum Angelgeschäft auf der gegenüberliegenden
Seite des Flusses gefahren und hatte frische Köder und diverse Kleinteile
gekauft. Kurz bevor er wieder beim Boot war, fiel ihm ein, dass er die
Angellizenz vergessen hatte und fuhr wieder zurück. Unglücklicherweise waren
dort die Papiere ausgegangen und er sollte es morgen früh im Tourist Office
versuchen. So wurde also an diesem Abend schwarz geangelt.
Nach dem Angeln schafften wir es endlich einmal Karten zu spielen. Aber alle
wirkten etwas unlustig. Monika hatte sich wohl eine Erkältung eingefangen.
Also gingen wir alle recht früh schlafen.
Mittwoch, 21.06.1995
Wilhelm fiel um kurz nach sechs aus dem Bett. Er bewaffnete sich mit der Videokamera
und machte einen einstündigen Spaziergang durch Enniskillen. Zum Frühstück
sollte es eigentlich gekochte Eier geben. Aber Wilhelm purzelten ein paar Eier
aus dem Kühlschrank und es wurde kurzfristig auf Rührei umdisponiert.
Zu Anfang zogen noch ein paar dicke Wolken über uns und es
regnete ein paar Tropfen. Wilhelm marschierte zum Tourist Office und M & R
machten sich auf in die Stadt. Wir brauchten noch etwas Getränkenachschub
und Monika wollte etwas „stöbern“. Bei Wilhelm dauerte es etwas länger
als gedacht. Das Mädchen im Tourist Office war etwas schwerfällig, daher
brauchte sie ewig für die Angellizenz. Richard muss aber selber gehen, da er
die Unterschrift persönlich leisten sollte.
Monika und Richard kamen schwer bepackt wieder aus der Stadt
zurück. Sie hatten mir auch Salbe und einen Wickel für mein Knie
mitgebracht. Im Schnapsladen hatten sie bei dem freundlichen Verkäufer sogar
Rabatt bekommen. Wilhelm und Richard beschlossen, dass eine Angellizenz für
Beide reicht.
So starteten wir dann in Richtung Norden. Das Wetter zeigte sich mittlerweile von
seiner besten Seite. Die Sonne schien und langsam wurde es auch etwas wärmer.
Die Schleuse oberhalb von Enniskillen war offen und wir konnten direkt
durchfahren.
Eigentlich wollten wir nach Devinish Island fahren, aber der Steg war voll. So
beschlossen wir, auf dem Rückweg unser Glück noch einmal zu versuchen. Also
wurde wieder einmal kurzfristig umdisponiert und wir fuhren an den Anleger
gegenüber Manor House Marine, Hay Island. Es lag ein Boot dort und Muttern
sonnte sich oben ohne. Aber kurz nach unserer Ankunft zog sie sich das
Oberteil wieder an.
Das Wetter war so toll, dass wir beschlossen, noch mal zu
grillen. Am Tag zuvor hatte uns schon ein deutsches Pärchen zugesehen und
gemeint, wir wären aber professionell ausgestattet. Er spielt in der
Amateurliga bei Frankfurt Eishockey, erzählte er uns. Kurz nach unserer
Ankunft erschienen die Beiden auch an Hay Island. Das Anlegemanöver ging
allerdings etwas in die Hose. Sie war zwar an Land gesprungen, hatte aber
vergessen, das Tau mitzunehmen. So musste er noch eine Wende drehen zum
Anlegen. Die „TUDOR ROSE“, unser Boot von vor fünf Jahren, legte, mit
zwei Mädels an Bord, kurz danach auch noch an.
Der Nachmittag wurde bei herrlichstem Sonnenschein vergammelt.
Das Abendessen fiel aus; jeder schmierte sich bei Bedarf noch eine „Bemme“
und das war’s. Heute Abend wollten wir noch mal unser Glück mit Doppelkopf
versuchen. Kurz vor dem Schlafen gehen, ging Richard noch mal an Deck. Die
ganze Wasseroberfläche war voll von Ringen, wahrscheinlich Forellen. Dies
lockte natürlich das Anglerherz, aber das Glück blieb aus. Richard fing nur
noch einen kleinen Hecht, der sich aber kurz vor dem Steg selbst befreite.
Donnerstag, 22.06.1995
Heute entpuppten sich alle als Langschläfer. Als ich gegen neun Uhr aus der
Dachluke der Bugkabine sah, war der Himmel strahlend blau und wolkenlos. Jetzt
hatten es alle eilig, um ja nichts zu verpassen. Wir frühstückten schnell
und ließen Spülzeug Spülzeug sein. Wilhelm und ich hatten gestern von der
Sonne schon ein paar Blessuren abbekommen und deshalb lachte keiner mehr über
Richards Sonnenmilch mit Schutzfaktor 20. Vor allem meine Füße waren recht
rot.
Wir starteten nach Castle Archdale. Dort tankten wir Wasser und machten uns auf
die Socken zu einem Spaziergang durch den Park. Herrliche alte Bäume und die
Pflanzen faszinierten uns. Der Stern tat es recht gut. Bei der Rückkehr
hatten wir im Hafenbecken jede Menge Barsche gesichtet, aber die Angler hatten
kein Glück. Mit einem Abstecher über White Island, wo Monika versuchte die
Freundschaft eines Bullenkälbchens zu bekommen, ging es weiter nach Kesh.
Der See war spiegelglatt und außer dem Fahrtwind ging kein Lüftchen. Mit dem großen
Boot nahmen wir im River Kesh viel Platz ein. Wir legten ein Stück vor dem
Ort an einem Anleger an und benutzten unser „Wassertaxi“, das Dinghy, zum
Einkaufen. Diesmal hatten wir doch etwas mehr Rand über der Wasseroberfläche
als vor zwei Jahren. Kurz vor dem Ort ging uns dann der Sprit aus. Wilhelm füllte
nach, und weiter ging’s.
Am Anleger krabbelten Monika und ich aus dem Dinghy. Es war alles frei und so
wurde beschlossen, die „TARA GRÚS“ hierher zu holen. Die Frauen warteten
und die Männer fuhren zurück, um das Boot zu holen. Kurze Zeit später kam
Wilhelm alleine mit dem Dinghy zurück. Ich hatte dummerweise den Schlüssel für
das Boot in meiner Tasche. Also das Ganze noch einmal. Endlich kamen die Männer
mit dem großen Boot. Es wurde festgemacht und danach gingen wir zum Einkaufen
in den Ort.
Richard machte einen kurzen Abstecher zum Take-Away und die anderen durchstöberten
schon mal MACE's Supermarkt. Der Einkauf war heute schnell erledigt und bis
auf Wilhelm, der probieren musste, ob in Kesh das Guinness auch schmeckt,
gingen alle zum Boot zurück.
Richard erspähte unter der naheliegenden Brücke einen Otter, der wohl in der Nähe
auch seinen Bau hatte. Vor dem Essen hatte Wilhelm noch versucht, im Fluss ein
paar Fische zu fangen und hatte sich dabei auf seine Angelrute gesetzt.
Wir verdrückten eine riesige Portion Paprikareis zum Abendessen. Die Männer
reizte es, gegen Abend mit dem Dinghy auf den See zu fahren zum Angeln.
Vielleicht gibt es ja doch noch Fisch in den nächsten Tagen. Nachmittags
hatte Monika Besuch von einem Rotkehlchen gehabt. Sehr zutraulich hatte es
sich auf die Stuhllehne gesetzt; wohl um etwas Fressbares zu ergattern.
Als die Männer abgefahren waren, hatten wir Frauen Muße zum Duschen und Tagebuch
schreiben. Anschließend holten wir den verpassten bzw. verspäteten
Nachmittagskaffee nach; es gab Cappuccino mit Applepie. Neben dem Anleger
stehen ein paar sehr hohe Bäume. Dort versammelte sich ein riesiger Schwarm
Krähen. Sie machten einen Heidenlärm. Wäre es jetzt diesig gewesen, käme
man sich vor wie bei Hitchcock.
Die Männer blieben recht lange und so hofften wir auf einen guten Fang. Aber
nichts war’s mit den Fischen. Ohne das Essen aus dem Supermarkt müssten wir
wohl verhungern.
Wir spielten noch eine Runde Karten und fielen dann gegen ein Uhr morgens in die Betten.
Freitag, 23.06.1995
Unsere Aufsteh- und Schlafensgehzeiten verlagerten sich allmählich.
Jeden Morgen wurde es etwas später. Heute morgen war es schon so warm, dass
wir direkt die kurzen Hosen und die T-Shirts anziehen konnten. Richard und
Wilhelm gingen frische Brötchen bei MACE holen und wir frühstückten
ausgiebig. Anschließend wurde das Wendemanöver, im doch recht engen Flussbett,
bravourös gemeistert und wir fuhren wieder in Richtung See. Die Wasseroberfläche
war wieder spiegelglatt und es war richtig heiß. Unterwegs gingen uns Tausende
kleiner Viecher, die aussahen wie kleine Mücken, auf den Wecker. Im Fluss,
Richtung Belleek, hörte das dann wieder auf.
In der neu angelegten Marina von Belleek legten wir an und
marschierten zum Einkaufen in den Ort. Wir statteten der Pottery einen kurzen Besuch ab und
anschließend dem obligatorischen Take-Away. Praktischerweise lag der
Spirituosenladen zum Auffüllen unserer Getränkebestände direkt nebenan.
Nach dem Füllen des Ersatzkanisters für den Dinghy-Outboarder und einem
Abstecher zum Metzger ging es wieder zurück zum Boot.
Heute war noch mal Grillen angesagt. Wir hatten vor, zum
Anleger in Castle Caldwell zu fahren, um dort die Nacht zu verbringen.
Den ganzen Tag war es windstill gewesen, aber nach dem Anlegen
in Castle Caldwell kam doch ein frischer Wind auf. Das Boot schaukelte recht
nett und so beschlossen wir, um Ruhe beim Schlafen zu haben, das Boot hinter
den Steg zu legen, wo etwas Windschatten war. So war es doch ein wenig
besser.
Am Anleger schwammen Hunderte von Barschen herum, aber sie
hatten anscheinend zur Zeit keinen Appetit. Richard versuchte es sogar mit dem
Kescher, hatte aber kein Glück.
Etwas später entschlossen wir uns doch noch zu grillen. Wie
auf Bestellung biss dann auch der erste Barsch an. Jetzt ging’s los. Schlag
auf Schlag. Wilhelm kam regelrecht ins Barschfieber. Allmählich wurde auch
das Fleisch auf dem Grill gar und wir schmausten wieder toll.
Der Wind beruhigte sich auch wieder ein wenig, so dass die
Nacht wohl nicht zu wackelig werden wird. Direkt nach dem Essen zog es die Männer
wieder auf den Steg zum Angeln.
Wir lagen alleine an dem Anleger; um uns herum nur der Wald
und der See. Sehr idyllisch! Die Fische wollten leider nicht mehr so richtig,
also widmeten wir uns doch noch dem Doppelkopf-Spielen.
Samstag, 24.06.1995
Die Langschläfer kamen allmählich aus den Federn. Es war
zwar etwas diesig, aber es versprach wieder ein sonniger Tag zu werden.
Wilhelm war allerdings schon um sechs Uhr aufgestanden. Die Fische lockten. Er
hatte gestern und heute morgen ca. achtzig Barsche in den verschiedensten Größen
gefangen. Und ein, anscheinend nicht kleiner, Hecht riss leider im Schilf,
wohin er sich geflüchtet hatte, ab.
Nach dem Frühstück ging’s dann weiter. Der See war wieder
spiegelglatt. In Tully Castle wurde ein Zwischenstop eingelegt. Wir wanderten
durch den Wald den Berg hinauf zu den Ruinen des Castles. Der Garten vor der
alten Burg war immer noch liebevoll gepflegt und schön angelegt. Eine junge
Frau mit rötlichen Haaren (ein irischer „Zufall“) war dabei, den Boden
aufzulockern. Auch sie sprach zuerst vom Wetter und fragte dann, woher wir kämen.
Sie bot uns an, uns einiges über das Castle zu erzählen. Aber wir lehnten,
mit der Begründung, dass wir schon einmal da waren, dankend ab.
Auch der Bauer auf dem neben dem Schloss liegenden Feld freute
sich über das schöne Wetter. Er trug einen Strohhut als Sonnenschutz auf dem
Kopf. Durch die reichliche Sonne konnte er sein Heu machen und trocken in die
Scheune bringen. Er grüßte uns freundlich als wir uns auf den Rückweg zum
Boot machten.
Wir setzten unsere Fahrt über den See fort. Bei der Marina
„Erin Curragh“ wollten wir Wasser tanken. Es wurde außerhalb des
Hafenbeckens, direkt an einem Wasserhahn, festgemacht. Wilhelm ging zur Marina
hoch, um zu fragen, ob es in der Nähe ein Geschäft gibt. Leider war das
nicht der Fall. Das Rezeptionsgebäude war mittlerweile als Restaurant
verpachtet. Neben dem Hafenbecken waren, seit unserem letzten Besuch hier,
eine ganze Menge Ferienhäuser gebaut worden. Der Inhaber der Marina und der
Ferienhäuser wohnte selbst in einem der Häuser. Bei ihm konnte Wilhelm
wenigstens zwei Flaschen Wasser zum Trinken ergattern. Als dann der Wassertank
des Bootes aufgefüllt war, sprangen Monika, Richard und Wilhelm direkt unter
den Schlauch, um sich zu erfrischen.
Im Anschluss an die Freiluftduschorgie fuhren wir weiter nach
Carrickreagh. Da es Wochenende war, und das Wetter dazu einlud, hatten viele
Iren ihre Privatboote ausgekramt, zusammen mit Kind, Kegel und Wasserski. Es
war ein reger Betrieb. Da sich das Ganze wohl noch etwas hinziehen würde, in
Anbetracht des schönen Wetters, beschlossen wir, uns ein anderes
Nachtquartier zu suchen.
Wir fuhren also noch mal zu dem Anleger auf der anderen Seite
von Hay Island, wo wir schon vor ein paar Tagen übernachtet hatten. Dort
lagen zwar schon drei Boote mit Schweizern, aber wir fanden noch Platz an der
Innenseite des Anlegers. Auch hier wackelte es ganz beträchtlich von den
vielen Wasserskifahrern. An ein ruhiges Nachmittagsschläfchen war nicht zu
denken.
So bereitete ich unser Gulasch für das Abendessen vor und
Wilhelm filetierte die Barsche, die wir am Morgen mitgenommen hatten. Bis auf
sechs Fische war der Rest gesund und munter wieder ins Wasser zurück gesetzt
worden. So wurde der Nachmittagsschlaf auf den frühen Abend verlegt.
Der Anleger hatte sich, bis auf ein Boot, gelichtet. Nach dem
Abendessen wollte Wilhelm seine Köderfische auswerfen. Leider hatte er aber
mit den ganzen Fischabfällen auch seine Köderfische mit weggeworfen. Er war
extra mit dem Dinghy zur Manor House Marine gefahren, um den Müll zu
entsorgen. So musste er sich jetzt bemühen, ein paar neue Köderfische zu
fangen. Aber das klappte zunächst nicht.
Zum Abendessen gab es das bereits erwähnte Gulasch mit
Kartoffeln. Zwar hatten wir keinen Salat oder Gemüse dazu, aber es schmeckte
auch ohne. Neben uns hatte mittlerweile ein Boot mit zwei älteren
Herrschaften angelegt. Sie hatten heute neu angefangen.
Beim Angeln nach dem Abendessen fing Richard dann einen recht
beachtlichen Barsch. Da wir schon genug Fisch für eine Mahlzeit hatten, boten
wir den Barsch dem älteren Ehepaar des Nachbarbootes an. Sie nahmen dankend
an. Kurze Zeit später fing Wilhelm noch einen zweiten Barsch dazu. So hatten
die Beiden für morgen schon ein schönes Fischmahl zusammen. Wir gaben ihnen
noch zwei Stücke Alufolie dazu; jetzt waren sie gut ausgestattet.
Unsere Doppelkopf-Spätvorstellung brachte dann nicht mehr
allzu viel und so gingen wir gegen ein Uhr zu Bett.
Sonntag, 25.06.1995
Recht spät krochen wir alle aus den Federn. Die Sonne
strahlte wieder und versprach uns einen schönen Tag. Nach dem Frühstück
wollten wir ablegen und in Richtung Enniskillen fahren. Der Wind stand recht
stark auf den Steg und Richard gab wohl etwas zu viel Rückwärtsgas. Das passte
aber unserem Dinghy überhaupt nicht. Es kippte durch den Wasserdruck um und
schwamm kieloben hinter uns. Die Paddel schwammen ja Gott sei Dank und konnten
später wieder eingesammelt werden. Wir trugen durch unsere Aktion zur
allgemeinen Volksbelustigung bei. Nachdem die Männer mit vereinten Kräften
das Beiboot wieder umgedreht hatten, stieg Wilhelm in das Boot, um es zu
entleeren. Er schöpfte, mit einer abgeschnittenen Colaflasche aus Plastik,
das Wasser aus dem Boot. Der Motor wollte aber nach der Unterwassertour nicht
mehr anspringen. So wurde der Deckel des Motors zunächst aufgelassen, um der
Sonne die Möglichkeit zu geben, alles zu trocknen.
In der Ferne hörten wir Dudelsackmusik. Dies war eine tolle
Untermalung zu der sonntäglichen Morgenstimmung. Richard kriegte, trotz der
Hitze, wieder eine Gänsehaut.
Das zweite Ablegmanöver klappte dann hervorragend. Die Sonne
brannte wieder stark, aber es ging etwas Wind. So packten Richard und Monika
ihren Drachen aus und ließen ihn vom Boot aus steigen. Die Fahrer der
vorbeifahrenden Boote staunten Bauklötze.
In Enniskillen legten wir hinter dem Schwimmbad an. Wilhelm,
Richard und ich machten uns auf in die Stadt; Monika wollte das Boot bewachen.
Wir wollten mal sehen, ob auch in der Stadt Sonntags die Geschäfte aufhaben.
Wir fanden aber nur ein kleines Geschäft, die neben Souvenirs auch ein paar
Lebensmittel hatten. Ansonsten waren die Geschäfte aber alle geschlossen.
Ganz per „Zufall“ kamen wir bei „Francos“ Pizzeria
vorbei. Wir kehrten ein und kamen nun doch noch zu unserer Pizza. Sie
schmeckte toll. Für Monika gab es "Essen auf Rädern" : eine
Portion Moussaka.
Zum Boot zurück ging es weiter nach Ardhowen. Es war so heiß,
dass wir Siesta halten wollten. Aber heute war es, trotz Durchzug, in den
Kabinen sehr warm. Draußen ging wenigstens ein Lüftchen. Also verbrachten
wir den Nachmittag oben an Deck. Es wurde geangelt, Kaffee getrunken und ein
„Verzällchen“ gehalten.
Das Abendessen bereitete Wilhelm sehr spät zu, da es vorher
zu warm war um zu kochen. Er panierte die Barschfilets und kochte Kartoffeln.
Heute hatten wir alle das dringende Bedürfnis nach einer Dusche, nach der
ganzen Einschmiererei mit Sonnenmilch. Aber selbst nach dem Duschen war es
noch sehr warm. Der Fisch schmeckte ganz toll, selbst Richard war hellauf
begeistert. Aber die Pfanne hatte beim Braten dermaßen gequalmt, dass es von
draußen aussah, als ob unser Boot brennt. Unsere Nachbarn schauten schon
ganz amüsiert.
Montag, 26.06.1995
Mit dem frühen Aufstehen war es jetzt wohl bei allen endgültig
vorbei. Wir schliefen bis in die Puppen und frühstückten sehr spät. Heute
gab es eine neue Variante: Rührei mit Speck und Zwiebeln. Das Spülzeug wurde
wieder ignoriert und wir fuhren nach Enniskillen zum Einkaufen. Es war schon
ganz nett warm.
Wir machten Arbeitsteilung: Wilhelm ging zum Tourist Office,
zum Angelladen und zum Autovermieter; die übrigen drei machten die Einkäufe.
Zuerst zum Bierladen und dann zu Health Beauty wegen Sonnenmilch. Dort war vor
dem Stand Massenandrang. Da in Irland die Hitzewelle ausgebrochen war,
versorgten sich die Leute mit Sonnenschutzmitteln. Nachdem wir alles zusammen
hatten, brachten wir den schweren Rucksack zuerst an Bord und gingen dann noch
mal zum ERNESIDE Supermarkt. Dort in der Drogerie gab es nur noch selbstbräunendes
Zeug, alles andere war ausverkauft. So mussten wir, wohl oder übel, noch mal
in die Stadt. Hier ergatterten wir dann doch noch Sonnenmilch,
Sonnenschutzfaktor 15 für Irland, ha ha ha, und einmal Schutzfaktor 6. Im Gemüseladen
kauften wir noch Grapefruits. Der Verkäufer sagte uns, dass das Wetter noch
so bleiben sollte, bzw. es sollte noch heißer werden. Monika freute sich sehr
über diese Auskunft. Wir gingen an Bord zurück.
Morgen wollen wir einen Ausflug mit dem Wagen an die Nordküste
machen. Wilhelm hatte uns den Mietwagen reserviert. Ab neun Uhr könnten wir ihn holen.
So müssen wir heute Abend auch
in Enniskillen bleiben, damit die Anfahrt morgen nicht so weit ist. Trotzdem
starteten wir den Motor, damit wir endlich etwas Fahrtwind mitbekommen. Wir
fuhren in Richtung See und wollten dort irgendwo ankern. Wir hatten
beschlossen, schwimmen zu gehen. Hinter Devinish Island, an einer breiteren
Stelle des Sees, legten wir Anker. Auf der Badeleiter kühlten wir uns ab und
hüpften dann ins kühle Nass. Im ersten Moment war es schon recht frisch,
aber nach kurzer Zeit wurde es sehr angenehm. Selbst unsere Frostbeule
(Monika) traute sich, wenn auch nur kurz. Allerdings aus dem Wasser wieder auf
die Badeleiter zu gelangen, war nicht ganz so einfach.
Den Männern wurde es aber schnell wieder langweilig und zu heiß.
Also machten sie sich auf, mit dem Dinghy die Schilfkante abzugrasen. Monika
und ich genossen die Sonne und den Wind. Der Nachmittag ging schnell vorbei
und wir fuhren wieder zurück nach Enniskillen. Wir machten klar Schiff und
bereiteten das Grillen vor. Diesmal würden wir nicht den Angelschirm als
Regenschutz brauchen wie vor zwei Jahren. Es wurde nur eine Windbarriere
aufgebaut, damit die Glut heiß blieb. Wir räucherten unsere Nachbarn
ordentlich ein. Sie kriegten bestimmt auch bald Kohldampf vom guten Duft.
Am Steg schlich ein schön gefärbter Kater umher. Er war
recht zutraulich und kam auch näher. Unser Kochschinken schmeckte ihm vorzüglich.
Wilhelm warf ihm einen kleinen Köderfisch hin und mit stolz geschwellter
Brust und erhobenem Schwanz trug er seine Beute fort. Den Abend beschlossen wir mit einer Runde Doppelkopf und
gingen dann etwas früher schlafen. Für morgen werden wir den Wecker stellen,
damit wir rechtzeitig zu unserem Ausflug kommen.
Dienstag, 27.06.1995
Bevor der Wecker um acht Uhr klingelte, war Wilhelm schon
aufgestanden. Richard sollte ihn mit dem Dinghy zu Lochside Cruisers bringen.
Von dort war es dann zum Autovermieter noch ein Stück zu Fuß. Wir machten Frühstück
im Stehen und kurz nach neun Uhr kam Wilhelm dann mit dem Wagen: ein
englischer Opel Corsa ( Vauxhall Nova 1,2 ) in rot, Kennzeichen: FIL 7497. Der
Wagen hatte wohl auch schon mal bessere Zeiten gesehen. Die Stoßdämpfer
waren etwas ramponiert und er machte teilweise seltsame Geräusche. Nun, was
soll’s.
Dann ging’s los. Richard quetschte sich auf den
Beifahrersitz, Wilhelm fuhr und wir Frauen gingen nach hinten. Wir fuhren über
Omagh, Cookstown und Coleraine in Richtung Giants Causeway. Unterwegs legten
wir noch einen Frühstücksstopp ein. Jetzt sehnten wir unser Auto mit
Klimaanlage herbei. Es war wieder sehr heiß geworden und wir mussten mit
offenen Fenstern fahren.
Über Portrush kamen wir dann an und waren froh, dass wir uns
die Beine vertreten konnten. Wir stöberten zuerst im Souvenir Shop herum und
guckten für Wilhelm ein paar Socken aus. Wilhelm und ich marschierten zu Fuß zum Causeway und die beiden
fuhren mit dem Bus. Es war sehr interessant, aber auch ein wenig langweilig.
Nach einem Drink fuhren wir dann weiter nach Bushmills. Leider
waren alle Führungen für den Nachmittag ausgebucht, aber wir konnten uns
wenigstens das Geschäft ansehen. Natürlich erstanden wir Whiskey und Gläser
für unsere Sammlung zu Hause.
In Richtung Portstewart kamen wir an den Ruinen von Dunluce
Castle vorbei. Wir machten einen Rundgang durch die Burg und sahen uns alles
an. Dies gefiel uns allen besser als der Giants Causeway. Monika kroch durch
die Ruinen und war auf einmal verschwunden. Im Fenster einer Burgzinne tauchte
sie dann plötzlich auf. Als Richard sie so sah, rief er von unten: „
Rapunzel, Rapunzel, lass dein Haar herunter.“
Im Visitors Centre zeigte man einen Diavortrag mit sehr schöner
Musik, aber leider klemmte ein Dia und so sahen wir nur einen Teil der Bilder.
Unsere Weiterfahrt ging durch Londonderry. Da heute strahlender
Sonnenschein war, wirkte die Stadt nicht so trist wie bei unserem ersten
Besuch. Der Grenzübergang in die Republik war zwar noch gut abgesichert, aber
es wurden keine Kontrollen mehr vorgenommen.
Es war nun doch schon recht spät geworden und wir hatten vom
Auto fahren die Nase voll. Wir fuhren auf dem schnellsten Weg nach Enniskillen
zurück. Der Abend war so mild und hell, dass man noch sehr gut draußen
sitzen konnte, ohne sich etwas Warmes anziehen zu müssen.
Wir spielten noch etwas in unsere Kasse ein und gingen dann schlafen.
Mittwoch, 28.06.1995
Heute müssen wir unsere Vorräte wieder aufstocken, da wir
Enniskillen verlassen werden. Fast den ganzen Vormittag verbrachten wir im
ERNESIDE. Endlich ging es zurück, aber auf dem Weg fiel uns ein, dass wir
Zitronen vergessen hatten. Ich
ging zurück und holte sie noch. An
der Kasse meinte die Dame: „ Good morning, oh no, thank god, good
afternoon.“ Allen machte das
Wetter zu schaffen. Diese Temperaturen von über 30° C waren die Iren überhaupt
nicht gewohnt. Jetzt konnten sie mit Spanien, Portugal und den Kanaren
konkurrieren. In der Zeitung lasen wir: "The hottest June since ever". Den
durften ausgerechnet wir erleben.
Wir machten uns auf den Weg in Richtung Süden. Im Kaufhaus
hatte Monika eine Blumendusche erstanden, die uns, mit kaltem Wasser gefüllt,
als Erfrischung diente. Unterwegs gab es zwischendurch einmal einen kurzen
Rums. Wir hatten wohl leicht aufgesetzt, aber es war nichts passiert. Richard schoss
wie von der Tarantel gestochen aus dem Bett. Er wollte schon zu den
Schwimmwesten stürzen.
Wir fuhren weiter zum Anleger von Quivy Waters. Leider hatte
vor uns schon ein Boot angelegt und wir passten mit unserem Riesen Kahn nur
noch zur Hälfte dran. Aber es ging auch so. Es wurde noch etwas Siesta
gehalten, bis die größte Hitze vorbei war. Monika und Richard machten einen
Angelausflug mit dem Dinghy. Bei
diesem Ausflug hatte Monika einen Biss gehabt und rief: „Ich hab‘ einen,
ich hab‘ einen“. Es war ein Babyhecht („Jackpike“). Er wurde schnell
fotografiert und dann ins Wasser zurück gesetzt. Er spielte „Toter Mann“
und Richard musste so lange mit dem Dinghy um ihn herumfahren bis er sich
wieder bewegte. Er war wohl nur ein wenig ohnmächtig vor Schreck gewesen.
An diesem Anleger war es herrlich ruhig und wir waren mitten
in der Natur. Die Besitzer des Bootes vor uns verließen über Nacht auch ihr
Boot. So waren wir ganz alleine. Der Ausflug von Richard und Monika ging bis
neun Uhr und zum Grillen hatten wir keine Lust mehr. So wurden die
Fischkonserven ausgepackt und es gab Mais-Thunfisch-Salat. Dies war eine
gelungene Abwechslung.
Da überall Fischringe auf dem Wasser zu sehen waren, reizte
es die Männer, noch mal mit dem Dinghy loszufahren. So hatte Monika Muße
sich die Nägel zu machen und wir machten Plauderstunde. Es war draußen noch
so mild, dass man selbst nach 23 Uhr noch im T-Shirt und kurzer Hose rumlaufen
konnte.
Weil Wilhelm nachmittags fast zwei Stunden geschlafen hatte,
war er natürlich nicht müde und wollte noch angeln. Nach eineinhalb Stunden hatte
er aber keine Lust mehr und kam ins Bett. Nach einer viertel Stunde sprang er
ganz hektisch wieder aus dem Bett. Ihm war eingefallen, dass er die Wurmdose
offen gelassen hatte. Einige Würmer waren schon spazieren gegangen, aber sie
wurden wieder eingefangen. Dann kam er wieder ins Bett und wir schliefen
selig.
Donnerstag, 29.06.1995
Nach neun Uhr standen wir, bis auf Wilhelm, auf. Er war schon
frühmorgens mit dem Dinghy rausgefahren. Schon am frühen Morgen wurde viel
geschwitzt und alle hingen in den Seilen. Es wurde keine Handbewegung zu viel
gemacht. Toasten, Speck & Eier braten und Kaffee kochen war eine Qual.
Nachdem Wilhelm zurückgekehrt war, machten wir uns los und fuhren weiter, um
wenigstens etwas Fahrtwind abzubekommen. Das Schleppen auf Hecht wurde schnell
wieder eingestellt, weil zu wenig Wind zur Kühlung aufkam. Wir fuhren heute
nur zum Crom Estate, wo wir gestern schon mal kurz angelegt hatten.
Nun machten wir einen auf Faul. Lesen, angeln, eincremen, mit
dem Schlauch und der Blumendusche abkühlen. Nur keinen Stress aufkommen
lassen. Monika zog zwischendurch Richards neue Latschen an, weil das Deck so
heiß war und man nicht barfuss laufen konnte. Es sah aus, als ob sie zum
Wasserskilaufen ginge und schon die Bretter untergeschnallt hätte. Am Spätnachmittag
gingen die Männer im Fluss schwimmen. Es war augenscheinlich sehr angenehm,
nicht so kalt wie beim ersten Mal oben im Lower Lough Erne. Wo sie schon
einmal dabei waren, wurde auch gleich unter dem Schlauch geduscht.
Am Anleger war eine Picknickbank mit Tisch und wir brachten
unsere ganzen Grillutensilien dort hin. Kochen in der Kombüse wäre, mit
Sicherheit, eine Strafe gewesen. Mittlerweile hatten wir, langsam aber sicher,
die Nase voll vom Grillen. Es schmeckte zwar toll, aber allmählich wollten
wir doch mal etwas anderes essen.
Beim Kartenspiel war es unter Deck immer noch reichlich warm.
Wir schwitzten still vor uns hin. Richard zog sich das T-Shirt aus uns kühlte
sich mit der Blumendusche ab. Er meinte, ich hätte doch schon mal einen
nackten Oberkörper gesehen, oder? Meine Antwort: „Ich war doch oft genug im
Zoo.“ So ging ein „fauler“ Tag zu Ende.
Freitag, 30.06.1995
Wilhelm war gegen halb neun aufgestanden und zu „seinen“
Fischen gegangen. Ich duselte noch etwas und war drauf und dran wieder fest
einzuschlafen. Plötzlich hörte ich auf dem Steg einen dumpfen Schlag und ein
Gejaule. Ich sprang aus dem Bett und traf im Salon auf Monika, die auch
aufgeschreckt war. Wir sahen nach draußen; dort lag Richard, wie eine
Schildkröte auf dem Rücken, auf dem Steg. Richard war beim herunter steigen
vom Boot mit dem Fuß umgeknickt und hingeschlagen. Der Fuß schwoll sehr
schnell an und so wurde der Wasserschlauch erst mal als Kühlhilfe für den
malträtierten Fuß genommen. Richard meinte zu seinem Unfall nur lapidar:
„Ich glaub‘, ich hab‘ 'nen Platten“.
Der Frühstückshunger war uns allen schlagartig vergangen.
Wir tranken nur Kaffee und fuhren dann wieder los.
Morgens sah der Himmel total bedeckt und diesig aus. Während
der Fahrt klärte es aber schnell auf. Es war zwar nicht so heiß wie die
letzten Tage (Gott sei Dank!), aber die Sonne schien und es ging eine leichte
Brise. Wir legten in Corradillar an zum Einkaufen. Den „Tante Emma“- Laden
an der Tankstelle gab es immer noch. Es wurde nur das Nötigste eingekauft.
Großmutter stand mit ihrem Enkel hinter der Theke und er durfte das
Wechselgeld heraus geben.
Anschließend legten wir ab nach Tirraroe. Heute gab es zum ersten Mal seit langer Zeit ein
selbst gekochtes Mittagessen. Monika hatte Nudelauflauf, mit Champignons,
Zwiebeln, Sahne und Käse überbacken, gemacht. Alle waren recht müde und wir
legten uns hin. Richard bekam einen Eisbeutel auf seinen lädierten Fuß
gepackt, zum Kühlen.
Nach dem Schlafen gingen Wilhelm und ich spazieren. Wir nahmen
die Postkarten mit, in der Hoffnung, dass wir einen Briefkasten finden würden.
Aber rund herum waren nur Felder und Wiesen. Uns begegneten jede Menge Traktoren.
Dies war sozusagen der „Bauern Highway“. Wir pflückten noch ein paar Blumen
und gingen dann zurück zum Boot.
Richard saß auf dem Steg mit der Angel und ließ sich, mit
dem Wasserschlauch, kaltes Wasser über den kaputten Fuß laufen. Wir
beschlossen, etwas Karten zu spielen. Ich fragte Richard: „Kannst Du denn überhaupt
mischen?“ Er hatte nämlich vor dem Spiel gemeint, dass er als „Kranker“
gewinnen müsse. Wir spielten bis neun Uhr und danach ging Wilhelm noch etwas
fischen.
Es war heute Abend etwas frischer gewesen, als die letzen
Abende. Aber auch bedeutend angenehmer!
Samstag, 01.07.1995
Beim Frühstück beratschlagten wir, was nun gemacht werden
sollte. Richards Fuß schmerzte wohl etwas weniger, aber er war
noch sehr dick angeschwollen. So beschlossen wir, nicht in Knockninny essen zu
gehen, sondern schon in Richtung Shannon zu fahren. Wenn bis Montag der Fuß
nicht besser sein würde, wollten wir in Carrick-on-Shannon das wohlbekannte
Krankenhaus aufsuchen.
Zu Anfang unserer heutigen Tour war es bewölkt, aber nach und
nach kam dann doch die Sonne durch. Es ging in Richtung Kanal. Wir wollten bis
Ballinamore fahren und dort versuchen an dem kleinen Anleger in der Stadt zu
liegen. Dann hätten wir schon mal fünf Schleusen hinter uns.
Da wir auf unsere Postkarten nordirische (englische)
Briefmarken geklebt hatten, mussten diese natürlich auch noch in Nord-Irland
eingeworfen werden. So hielten wir in Geaglum an, da wir wussten, dass George
und Muriel vor ein paar Jahren dort unsere Hochzeitskarte für Freunde eingeworfen hatten.
So marschierten Monika, Wilhelm und ich los und ließen
den Invaliden zurück. Wir liefen und liefen und liefen, aber kein Briefkasten
in Sicht. Die Sonne stach schon wieder ganz ordentlich. Von einem Bauernhof
kam ein Traktor mit einem jungen Mann drauf und wir fragten ihn nach der nächsten
Mailbox. Er
nuschelte uns zu: „Up to the road on the left hand side.“ Wären
wir fünfzig Meter weiter gelaufen, hätten wir den leuchtend roten
Briefkasten auch gesehen. Es war ein schöner alter Briefkasten und ich hätte
ihn am liebsten mitgenommen. Aber dann hätten wir ja nichts für unsere
Postkarten gehabt. Wilhelm meinte, dass wir sie ja an die Stelle legen könnten,
wo der Briefkasten gestanden hat. Dies war uns dann aber doch zu ungewiss. Wir
warfen also schön brav die Karten ein und machten uns auf den Rückweg zum
Boot.
Richard saß wieder am Steg, den dicken Fuß mit Wasser kühlend.
Jetzt ging’s weiter zum Woodford River. Allmählich war es wieder so
warm geworden, dass man wieder die kurzen Hosen anziehen konnte. Dies wurde
dann auch umgesetzt. Nun war Wilhelm der Lockkeeper in der Lock Aghoo
(„Ahuuuu“).
In Ballinamore war ein toller Platz für ein Boot frei - wie für
uns gemacht. Wir legten an und gingen zum Shopping. In der Pharmacy wollten
wir für Richards Fuß Salbe kaufen. Der Apotheker wollte uns allerdings
dauernd etwas gegen Sonnenbrand andrehen. Dann kam er endlich mit einem
Eisspray heraus. In einem kleinen Laden ergatterten wir noch einen Rhabarber
Kuchen und ein paar tolle Kartoffeln. Den Rest bekamen wir im Supermarkt an
der Brücke.
Zum Boot zurück, begann Wilhelm, die am Vortag gefangenen
Barsche zu filetieren. Es wurden Kartoffeln gekocht und der „selbst
gekaufte“ Coleslaw Salat wurde angerichtet.
Wir hatten bei unserem Rundgang festgestellt, dass es in
Ballinamore jede Menge Pubs gab. So machten wir einen „Schnellspülgang“
und gingen dann in den Ort. Richard hatte sein „Four Roses“-T-Shirt an. Er
meinte: „Kann ich mich denn damit in den Ort wagen? Nachher meinen die Leute
noch, ich hätte Übergewicht“. Das Hemd saß ihm sehr locker und spannte
nicht. Trotzdem waren unsere Lacher meilenweit zu hören.
Im ersten Pub spielten drei Musiker, aber leider etwas
lustlos. Als Monika dann auch noch Krabbeltiere in ihrem Bierglas fand, gingen
wir dann doch zum nächsten Pub. Etwas oberhalb im Ort hörten wir dann aus
einem Pub gute Musik. Wir kehrten ein. Es spielten dort zwei Männer und eine
Frau. Vom Typ her hätten sie bei der Kelly-Family mitmachen können. Sie
hatte eine tolle Stimme. Da Richard nach einer Weile wieder Schmerzen im Fuß
bekam, gingen er und Monika schon mal zum Boot zurück. Wilhelm und ich
blieben noch ein Weilchen. Zu vorgerückter Stunde waren einige der Gäste
ganz nett besoffen. Ein Mann wollte zur Toilette gehen, kriegte aber die Türe
nicht auf. Er erbat sich Hilfe von einigen Kumpels an der Theke. Hinter uns saß
eine junge Frau, die sich über die Typen halb kaputt lachte. Die Musikgruppe
spielte noch ein paar tolle Lieder und zum Abschluss der Veranstaltung die
irische Nationalhymne. Alle standen auf und sangen mit, soweit das noch ging.
Guinness beseelt gingen Wilhelm und ich zurück zum Boot.
Richard und Monika waren gerade eben erst ins Bett gegangen,
aber unser Getrampel an Deck war nicht zu überhören. So wurde noch ein wenig
gequatscht und dann ging’s ab in die Federn. Wir montierten uns unseren
Walkman mit zwei Kopfhörern und spielten uns die Palette der schönsten
irischen Lieder vor. Gegen zwei Uhr morgens fielen uns aber dann doch die
Augen zu und wir machten das Licht aus.
Sonntag, 02.07.1995
Wir schliefen , da es gestern sehr spät geworden war, sehr
lange. Richard und Monika hatten, da sie etwas früher aufgestanden waren,
heute morgen schon beobachtet, wie eine Bachstelze („Willy Wagtail“) bei
uns in die Luke gesehen hatte. Er sah aber wohl nichts interessantes und flog
wieder weg. Auf unserem Heck hatten es sich einige Enten bequem gemacht. Als
Richard und Monika sich zeigten, wanderten sie im Gänsemarsch von Bord.
Wir frühstückten und nachdem Wilhelm noch ein paar
Kleinigkeiten eingekauft hatte, fuhren wir weiter. Heute war der Himmel sehr
bewölkt und es war merklich kühler geworden. Wilhelm war zu Fuß zur
Schleuse vorgegangen, um das Boot einmal beim Fahren zu filmen.
Weiter ging es durch den Kanal, der an einigen Stellen
ziemlich eng war. An solch einer engen Passage kam uns eine TownStar von
Emerald Star Line entgegen. Anstatt langsam weiterzufahren, blieb er stehen,
um uns vorbei zu lassen. Der Wind trieb ihn aber leider etwas ab, und als wir
uns umsahen, saß er wohl im Modder fest. Da es hier an dieser Stelle zu eng
war, konnten wir leider mit unserem großen Kahn nicht helfen, ohne Gefahr zu
laufen uns selbst fest zu fahren. So mussten wir ihn seinem Schicksal überlassen.
An der nächsten Schleuse (Nr. 11) funktionierte der Knopf
nicht, der das Schleusentor schließen sollte. So drückte Wilhelm den
Intercom-Knopf, um der Schleusenkontrolle Bescheid zu sagen. Richard meinte, dass
er auf dem Hinweg auch schon Probleme mit dem Schließknopf gehabt habe. Man müsste
ein wenig Gewalt anwenden. Dies funktionierte dann und wir konnten nach dem
Abschleusen weiterfahren.
Nach der 12. Schleuse mussten wir tatsächlich unsere
Regenjacken auspacken. Es regnete ganz ordentlich. An der 16. Schleuse trafen
wir dann den Schleusenwärter, der uns die Einführung in die Benutzung der
automatischen Schleusen gegeben hatte, wieder. Er hatte die Hand in Gips und
wir fragten, was denn passiert sei. Er demonstrierte uns, dass er betrunken
ausgerutscht und auf seine Hand gefallen sei. Er lachte dabei und wir nahmen
ihm seine Story nicht so ganz ab.
In Leitrim waren leider alle Anleger besetzt. So blieb uns
nichts anderes übrig, als direkt nach Carrick-on-Shannon zu fahren. Wir
legten im Hafenbecken an und begaben uns zum Take-Away - eine
„ Kleinigkeit “
essen. Jetzt fing es wieder an zu regnen. Sehr viele Geschäfte
hatten hier auch am Sonntag auf und so machten wir einen Bummel durch die
Stadt.
Wieder zurück zum Boot gab es einen etwas verspäteten
Nachmittagskaffee mit warmem Rhabarberkuchen und frischer handgeschlagener
Sahne. Die Männer angelten vom Heck aus und Monika meinte, dass es mal wieder
Zeit für eine Dusche und fürs Haarwaschen wäre. Richard fing lauter
Baby-Barsche und Wilhelm nahm einige davon als Köderfische. „Kindermörder“
war Richards Kommentar.
Montag, 03.07.1995
Für unsere Verhältnisse standen wir schon recht früh auf,
kurz nach acht. Es war bewölkt und recht zugezogen. Wilhelm hatte sich schon
eine Zeitung gekauft, um die Formel 1 Rennergebnisse vom Wochenende
nachzusehen. Michael Schumacher hatte in Magny Cours gewonnen, vor Hill und Coulthard.
Wir frühstückten und nachher gingen Wilhelm und ich noch ein
paar Sachen einkaufen. Wieder zurück fuhren wir zur Rosebank-Marina. Wir
hatten uns eine Liste gemacht, was wir alles angeben mussten und was wir
brauchten: Gasflasche erneuern, Rasierersteckdose nachsehen, Staubsauger
holen, Toilettenpapier nachfüllen und Ruderpinne anbringen. Monika und ich
saugten den Teppichboden ab und danach sah alles wieder fast aus wie neu. Mit
der Rasierersteckdose dauerte es etwas länger, die Reparatur zog sich hin.
Aber endlich konnten wir weiterfahren.
Es ging zur Albert Lock, meiner „Lieblingsschleuse“. Wir
kamen kurz vor der Mittagspause an, konnten noch hinein fahren, wurden aber
nicht mehr runter geschleust. So verbrachten wir die Stunde Wartezeit mit
einer Runde Doppelkopf. Gegen zwei Uhr kam dann der Sohn des Schleusenwärters
und schleuste uns runter. Inzwischen kostete das Schleusen
1,20 IRP. Die Schleuse war rappelvoll. Wir ließen die Boote hinter uns an uns vorbei
fahren und die Männer
schleppten den See auf Hechte ab. Leider ohne Ergebnis.
Durch die Brücke nach Kilglass passten wir gut durch, da kein
Hochwasser war. Im Naturkanal zwischen Lake Carranadoe und dem Kilglass Lake
versperrte uns, kurz vor der Einfahrt in den Kilglass, eine schwimmende Insel
aus Gras den Weg. Vorsichtig fuhren wir darauf zu und Wilhelm wollte mit dem
„Pinorkel“ versuchen, die Insel weg zu schubsen. Aber sie bewegte sich
nicht. So umfuhren wir sie also, sehr langsam, an einer schmalen Stelle. Wir
kamen dann doch gut vorbei, ohne aufzusetzen. Wir mutmaßten, dass vielleicht
doch einige an dieser Stelle umgekehrt waren, weil es ihnen zu gefährlich
erschien. Am Anleger bestätigte sich dies dann; es lagen nur ein kleines Boot
von CarrickCraft und zwei Privatboote dort. Es windete ganz nett und unser
Boot quietschte vorne am Bug an der Gummileiste des Stegs. Es hörte sich
recht unanständig an.
Alle hatten Kohldampf und so bereiteten wir unser Essen vor.
Auf allgemeinen Wunsch gab es Gulasch mit Nudeln und Kartoffeln und
Eisbergsalat. Es duftete ganz herrlich und im Nachbarboot bekam die Besatzung
bestimmt lange Nasen. Diesmal schmeckte es noch besser als letzte Woche.
Wilhelm fuhr nach dem Essen mit dem Dinghy in den Nachbarsee
zum Hechtangeln. Wir übrigen lasen bzw. guckten durch die Gegend. Richard
wollte sich hinlegen und wir sollten ihn später wecken. Er lag kaum, da fuhr
ein Jeep mit jeder Menge junger Leute vor. Sie veranstalteten einen
regelrechten Feixtanz. Sie tobten im Wasser und ärgerten die Mädchen. Das
Einzige, was sie wohl von den Deutschen wussten, war ihr Kommentar beim
Abfahren: „Hello Germans, Heil Hitler .“ Weniger erfreulich!
Wilhelm hielt es recht lange aus. Kurz vorm dunkel werden
sahen wir ihn zurück kommen. Richard teilte uns den Schlachtruf dieses
Urlaubs mit: Isch hanner eene, un kenne kleene. Wilhelm hatte auch zwei Hechte
gefangen, aber leider zu klein.
Dienstag, 04.07.1995
Es war zwar nicht mehr so sehr früh, aber Frühstückshunger
hatten wir alle noch nicht. So entschieden wir uns, erst mal ein Stück zu
fahren und dann zu frühstücken. Es war sehr windig und die Sonne zeigte sich
kaum. Wir fuhren nach Dromod Harbour und machten dort einen ausgiebigen
Brunch. In Roosky wollten wir nur zum Einkaufen und Wasser tanken anlegen.
Wegen der vielen „Stinker“ wollten wir hier nicht übernachten.
Bis auf einige Zentimeter passten wir durch die Brücke ohne dass
sie hoch gefahren werden musste. Nur unser Fahnenmast kriegte einen kleinen
Schlag ab. Wir fanden in der Nähe der Brücke Platz und konnten so quasi
direkt ins Lebensmittelgeschäft fallen. Die Sonne zeigte sich zwischendurch,
aber es waren immer noch dicke Wolken am Himmel.
Nach dem Einkauf legten wir ab und fuhren zur Schleuse. Das
Tor stand auf und wir konnten direkt rein fahren. Da es aber kurz nach ein Uhr
war hatte der Schleusenwärter Mittagspause. Ich sprang flott unter die Dusche,
um zum Haare trocknen die Sonne noch ausnutzen zu können.
Neben uns lag ein Boot der CarrickCraft, eine Carlow Class,
mit einem älteren Ehepaar an Bord. Sie berichteten, dass sie in der ersten
Woche eine Radtour gemacht hätten. Da es sehr heiß war, war die Tour
sehr anstrengend gewesen. An der Sprache merkte man, dass es sich bei dem Mann
um einen echten „Düsseldorfer Jong“ handelte. Hinter uns hatte noch eine
Familie angelegt, die sehr an unserem Boot interessiert waren. Wilhelm machte
einen Rundgang mit ihnen durch das Boot. Der Düsseldorfer fragte, wann denn
die nächste Führung wäre, er wollte auch gerne mal das Boot sehen. So
beschlossen wir bald Eintritt zu nehmen.
Vor der Schleuse warteten eine ganze Menge Boote. Sie hatten
alle nebeneinander fest gemacht und der Schleusenwärter staunte nicht
schlecht. Es waren mindestens zehn Boote. Als der "Lockkeeper" Tony vorbei kam
und sagte: “One pound twenty please“, hielt Richard die Hand auf und
sagte: „Thank you.“ Da mußte der Ire aber doch lachen.
Wir fuhren weiter in Richtung Termonbarry. Die Männer
schleppten und Richard fing auch einen Hecht. Beim Einholen konnte er sich
aber leider wieder befreien. Auf der Zufahrt nach Termonbarry sah Monika auch
wieder einen Eisvogel. Sie sah ihn in allen Regenbogenfarben schillern. Da
diese Vögel aber leider sehr scheu sind, sieht man sie immer nur wenige
Sekunden.
Praktischerweise saß Tom an der Brücke und konnte uns diese
öffnen, ohne dass wir anlegen mussten. Unser angestammter Platz war frei und
wir legten an. Tom kam zu Fuß zur Schleuse zurück und begrüßte uns. Er
fragte ob wir über Nacht bleiben wollten und meinte es gäbe einen guten Pub
im Ort. Wilhelm machte sich seine Angelsachen fertig, ging zum angeln und die
anderen legten sich etwas aufs Ohr. Nach sieben Uhr erwachte ich wieder.
Monika bereitete unser Abendessen vor: Kartoffeln in Folie, baked beans und
Porterhouse Steaks. Eigentlich hatten wir vor, nach dem Abendessen in den Pub
zu gehen, aber da es uns noch zu früh erschien, wollten wir vorher noch eine
Runde Karten spielen. Durch die Schleuse kam ein großes Privatboot, die
„Game Lady“, ausgestattet mit allem Komfort. An Bord zwei Männer und eine
Frau. Sie legten fachmännisch vor uns an. Kaum festgemacht wurde die Flasche
Champagner aus dem Kühlschrank geholt und auf dem Mäuerchen geköpft.
Während des Kartenspiels, es dämmerte schon etwas, kam ein
Mann auf unser Boot zu und kletterte unaufgefordert zu uns an Bord. Er stand
in unserem Salon, beide Daumen nach oben und begrüßte uns. Im ersten
Augenblick waren wir alle etwas schockiert und es herrschte betretenes
Schweigen. Er zückte seine Brieftasche und holte einen Brief heraus mit einem Foto drin.
Den hatte er wohl vor kurzem von Bootsleuten aus Frankfurt erhalten. Er führte uns seine weiteren
Schätze vor: Visitenkarten, Adressen von Deutschen und ein Taschenmesser. Auf
dieses Taschenmesser war er besonders stolz, denn man konnte es, mit wenigen
Handgriffen, in ein Essbesteck umfunktionieren.
Wie sich herausstellte, hatte Wilhelm ihn am Nachmittag schon
an der Schleuse gesehen und er hatte auch kurz mit ihm gesprochen. Nach ein
paar Bierchen im Pub hatte er sich dann entschlossen uns zu besuchen. Unser
abendlicher Gast hieß Joseph M. und war aus der Nähe von Termonbarry.
Unser anfängliches Entsetzen hatte sich schnell gelegt. Nach und nach erzählte
er von sich und seiner Familie. Er hat vier Kinder im Alter zwischen 27 und 30
und eine Enkelin von 13 Jahren. Von seinem jüngsten Sohn zeigte er uns einen
abgegriffenen Zeitungsausschnitt, von ihm als Fußballer aus Longford.
Die falsche Rolex wurde präsentiert, die ihm seine Tochter
aus New York mitgebracht hatte. Mit seiner Frau stand er wohl etwas auf
Kriegsfuß, aber er machte sich nicht sonderlich viel daraus. Als ein Auto
vorbei fuhr meinte Richard: „Your wife?“ Da mußte Joe aber auch herzhaft
lachen. Zwischendurch fragte er sich ein Bier. Wir hatten es zu Anfang
tunlichst vermieden, ihm etwas anzubieten. Wir wussten ja noch nicht so genau,
was wir von ihm halten sollten.
Er erzählte von zwei Booten, die nebeneinander angelegt
hatten. Der erste am Steg war damit aber ganz und gar nicht einverstanden, er
wäre ja schließlich zuerst da gewesen. Was Joe überhaupt nicht verstehen konnte war,
dass sich die zwei in die Wolle
gekriegt hatten obwohl sie beide Deutsche waren. Dies widersprach doch sehr
seiner irischen Mentalität. Er konnte es sich auch nicht verkneifen dem Übeltäter
dazu am nächsten Tag ein paar warme Worte zu sagen. Er erläuterte das Ganze
mit dem Vergleich: Ein fauler Apfel in einem Fass verdirbt alle anderen, aber
wenn man den faulen Apfel entfernt, bleiben die anderen o.k.
Eigentlich hatte er sich schon ein paar Mal verabschiedet,
aber ihm fiel immer wieder etwas Neues ein. Er fragte uns, ob wie einen
schmutzigen Witz vertragen könnten. Wir nickten und er zeigte uns seinen
Zeigefinger. Das oberste Glied fehlte, er hatte es sich beim Schleusen
abgequetscht. Er erzählte uns, er habe seine Frau aus dem Krankenhaus
angerufen und ihr die Story erzählt. Sie hätte entsetzt gefragt, ob es der
Mittelfinger wäre, aber er hatte sie beruhigt: Keine Sorge, es ist der Finger
daneben.
Unvermeidlich kamen wir auch auf die irische Musik zu
sprechen. Er meinte der Radiosender 104.1 FM 1 hätte gute Musik. Er schaltete
das Radio ein, aber wir drückten eine Kassette ins Kassettendeck. Er wollte
sie erst wieder raus drücken, weil er wohl meinte jetzt käme irgendwelche
Popmusik. So war er doch sehr erstaunt, als ihm die Dubliners entgegen
klangen. Er stimmte gleich mit ein in den Gesang. Bei „Carrickfergus“
verzog er allerdings das Gesicht; das Lied war ihm wohl zu traurig.
Wir mussten ihm versprechen, ihm von zu Hause eine Karte zu
schicken. Wilhelm schlug vor, ein Foto zu machen und dieses mitzuschicken. Das
fand er toll. Wir rückten zusammen und Monika, unser Leprichaun, setzte sich
auf sein Knie. Dies gefiel ihm
wohl besonders gut. Er meinte nur, wenn unsere Post dann ankäme, wäre er
hoffentlich zu Hause. Sonst würde schon wieder der Haussegen schief hängen.
Er sah unser Kartenspiel auf dem Tisch liegen und wollte uns
zwei Kartentricks zeigen. Der erste klappte auch ganz gut, aber der zweite
schlug leider fehl. Dann suchte er sich eine Münze aus seinem Portemonnaie
und wollte uns einen Trick vorführen, die Münze schnell verschwinden zu
lassen. Es klappte aber erst beim dritten Versuch. Sein Kommentar dazu:
„I’m too drunk.“ Allmählich trank er sein Bier aus und verabschiedete
sich dann wirklich. Er meinte aber wir sollten nicht „good bye“ sagen,
sondern „ Auf Wiedersehen“. Er ging von Bord und wir mussten diese
abendliche Einlage erst mal verdauen.
Da keiner von uns mehr wusste, wie die Karten zusammen gehören, gaben wir eine
neuen Spiel. Dieser unverhoffte Besuch wird uns wohl noch lange in Erinnerung
bleiben.
Mittwoch, 05.07.1995
Auch heute stellte sich der Frühstückshunger nicht so recht
ein. Wie legten ab und kreisten ein bisschen vor der Brücke. Joe war auch
schon an der Schleuse gewesen und hatte nach dem Leprichaun gefragt. Wir
sagten ihm, dass er noch schläft.
Wir
fuhren dann durch die Brücke in Richtung Roosky. Unser Frühstück nach dem
Schleusen war schon mehr Mittagessen. Es war schon fast ein Uhr. Wir machten
nur einen Frühstückshalt und fuhren dann weiter. Der Wind war aufgebrist und
auf den Seen wellte es ganz nett. In der Albert Lock konnten wir direkt
einfahren zum Schleusen.
Wir wollten nach Jamestown fahren, weil wir dort alle noch
nicht gewesen waren. Wir fanden auch eine Anlegestelle und machten fest. Die
anderen Drei gingen ins Städtchen und ich mußte den gestrigen Tag noch im
Tagebuch verarbeiten. Im Ort gab es wohl außer einem Pub und einem Angelladen
nicht viel zu sehen. Aber es war trotzdem ein hübscher Ort. Wilhelm meinte, dass
er hier den am besten sortierten Angelladen in ganz Irland gesehen habe,
sauber und aufgeräumt. Die Drei genehmigten sich im Pub noch ein Bier und
kamen dann zurück.
Wir hatten noch Apfelkuchen mit Sahne, den wir uns zum
Nachmittagskaffee warm machten. Es hatte angefangen zu „drisseln“ und so
war ein warmer Kaffee bzw. Tee genau das Richtige. Wilhelm und Richard fuhren
mit dem Dinghy in den Fluss und Monika und ich schwiegen uns an. Wir lasen
beide ein spannendes Buch von V.C. Andrews.
Für den Abend sollte die Küche kalt bleiben und wir
marschierten in den Pub. Optimistisch bestellten wir uns etwas zu trinken,
aber Essen? „Sorry, only until nine“. Also machten wir uns doch in unserer
Kombüse etwas zu Essen. Wilhelm und ich gingen schon mal zum Boot und bereiteten Spaghetti
Carbonara vor. Es war zwar schon spät, aber die Pfanne war schnell leer.
Wir machten es uns zum Karten spielen bequem. Vor uns lagen
zwei Boote, eine CC und ein Kanalboot. Ein Mann kam zu uns und fragte, ob wir
einen Blick mit auf die beiden Boote werfen könnten. Am anderen Ufer
schlichen die ganze Zeit zwei Gestalten herum. Aber da sahen Monika und ich
wohl schon Gespenster.
Donnerstag, 06.07.1995
Ab heute wird Resteverwertung gemacht. Zum Frühstück gab es
gebratene Nudeln mit Speck und Ei drunter. Danach hatten Wilhelm und Richard
Hausfrauentag: Boot schrubben, Angelhandtücher waschen, aufräumen. Da wir
gestern Abend keine Lust mehr hatten zu spülen, hatten wir fürs Frühstück
den Rest des Geschirrs nehmen müssen. So wurde auch in der Kombüse
Generalreinigung gemacht, zwangsweise.
Im Boot tropfte es an allen Ecken und Kanten. Welch ein Glück,
dass es in den vergangenen zweieinhalb Wochen so wenig geregnet hatte. Sonst wären
wir wahrscheinlich abgesoffen. Wir fuhren nach Carrick-on-Shannon und legten
vor der Brücke an. Die Männer erklärten sich, mehr oder minder, bereit
einzukaufen. Die Bestellung für das Take-Away hatten sie auch in der Tasche.
Am Anleger liegt direkt ein Geschäft „Arts and Crafts“.
Ich stöberte ein bisschen darin herum. Es lief Musik von Chris de Burgh zur
richtigen Einstimmung. Wären wir mit dem Auto gewesen, hätte ich mit
Sicherheit einen alten Briefkasten erstanden. Aber im Flugzeug ist das doch
etwas unpraktisch.
Nachdem die Männer zurückgekehrt waren, vertilgten wir die
mitgebrachten Burger. Richard war jetzt auf den Trichter gekommen, sich mal
ein paar gebackene Zwiebelringe mitzubringen, die er mit Genuss verzehrte.
Da wir hier an diesem Anleger nicht übernachten wollten,
fuhren wir in Richtung Cootehall weiter. Eigentlich wollten wir kurz vor der
Schleuse an einem Anleger festmachen, aber Pech gehabt; er war leider besetzt.
Also fuhren wir wieder ein Stück zurück und machten vor der Brücke in
Cootehall fest. Heute Abend wollten wir noch ein letztes Mal grillen. Aber
Petrus pfiff uns was! So sollten wir also doch noch ein „irisches Barbecue“
erleben. Auch nach unserer Siesta hörte der Regen nicht auf. So wurde also
trotzdem der Grill ausgepackt, und Wilhelm versuchte angestrengt die Stange
vom Angelschirm in die Erde zu bekommen. Der Boden war aber leider sehr hart
und er hüpfte wie ein Känguru über die Wiese, um eine passende Stelle zu
finden.
Die Männer hatten Grillkohle, die schon mit Anzünder getränkt
war, mitgebracht. Richard meinte jedoch, es könne nicht schaden, wenn wir
noch zusätzlich etwas „Lighter“ auf die Kohlen kippen würden. Die Kohlen
brannten aber dadurch so schnell ab, dass wir Not hatten, dass es fürs
Fleisch grillen nicht mehr reichen würde. Richard hockte unter dem
Angelschirm und wendete die Koteletts. Für die Schälrippchen reichte dann
die Glut tatsächlich nicht mehr und wir warfen sie in die Pfanne. Das hätten
wir uns aber sparen können, da sie sowieso nicht so doll schmeckten. Es war
wohl gepökeltes Fleisch und schmeckte sehr salzig. Wir wurden aber trotzdem
gut satt.
Wilhelm angelte hier ein paar beachtliche Fische, diesmal auch
mal etwas anderes als Barsche, nämlich große Rotaugen, Rotfedern und
Brassen. Hierbei half ihm wahrscheinlich auch die Anfütteraktion des Anglers
auf dem Nachbarboot. Da der Regen aber nicht aufhören wollte, entschloss er
sich dann doch, noch mit uns Karten zu spielen.
Freitag, 07.07.1995
Wir schliefen alle aus und genossen unser letztes irisches Frühstück.
Mit dem dritten Glas Rübenkraut waren wir genau bis Urlaubsende ausgekommen.
Nach dem Frühstück fuhren wir in Richtung Rosebank Marina und wollten dort
schon mal unsere Koffer holen. So konnten wir unterwegs, während der Fahrt,
schon die Koffer für die morgige Abreise packen. Wir kamen aber leider mit
dem Glockenschlag ein Uhr in der Marina an und alle hatten Mittagspause. Da wir
nicht eine ganze Stunde warten wollten fuhren wir ohne unsere Koffer weiter.
Das Wetter hatte sich auch wieder gebessert und wir konnten
noch etwas die Sonne genießen. In Richtung Jamestown schleppten die Männer
und hatten andauernd Bisse. Monika mußte ständig die Videokamera holen und
filmen. Unter der Beute waren u.a. vier Hechte und ein relativ großer Barsch.
Einen Hecht (57 cm und ca. 4 Pfund) hatte Wilhelm gefangen, die anderen drei
Hechte Richard (der Größte war 63 cm lang und ca. 6 Pfund schwer). Aber
leider konnten wir damit heute nichts mehr anfangen und so wurden sie alle
unbeschädigt wieder in den Fluss zurück gesetzt.
Gegen vier Uhr kamen wir dann wieder bei der Marina an. Wir
fuhren direkt zum Tanken, das erste und einzige Mal in diesem Urlaub. So kamen
dann auch 101,00 IRP zusammen.
Wir legten danach am normalen Anleger an und wollten unsere
Koffer holen. Aber leider hatte einer der Angestellten den Schlüssel vom
Raum, in dem die Koffer deponiert waren, zu hause vergessen. Er mußte ihn
erst zu hause holen. Dies sollte ca. eine Stunde dauern und so machten wir uns
dann schon mal ans Aufräumen. Alles, was nicht in die Koffer mußte, wurde
schon mal zusammen gestellt. Es wurde dann, mit dem Schlüssel holen, doch
eine „irische Stunde“, die ja bekanntlich etwas länger ist. Trotz allem
blieb der Schlüssel dann doch verschwunden. Richard schnappte sich seine
Universalzange und machte sich daran, die Türblätter abzuschrauben. Dies
erwies sich jedoch als nicht durchführbar. So kletterte letztendlich ein
junger Mann durch eines der Oberlichter des Raumes und reichte die Koffer nach
draußen. Glücklicherweise stand in dem Raum ein Stuhl, sonst wäre er mit
Sicherheit vorläufig nicht aus dem „Kofferraum“ heraus gekommen.
Nun ging’s ans Koffer packen. Lust dazu hatten wir alle
nicht, aber es blieb uns ja leider nichts anderes übrig. Der Vorteil des
Kofferpackens bei der Rückreise ist ja, dass man alles einpacken muss und
nicht die Qual der Wahl hat, was mitgenommen werden soll.
Wir hatten tagsüber schon überlegt, wie wir nach Carrick und
wieder zurück kommen sollten, da wir abends noch etwas essen und in einen Pub
gehen wollten. Also beschlossen wir, mit dem Dinghy (unserem eigenen
„Wassertaxi“) zu fahren.
Nachdem wir mit dem Packen soweit fertig waren, machten wir
uns auf den Weg. Richard wäre beinahe schon beim Einsteigen abgeschmiert und
im Fluss gelandet. Wir sahen ihn im Geiste schon klatsche nass. Aber er konnte
sich gerade noch fangen und brauchte sich nicht umzuziehen. Wir tuckerten nach
Carrick und legten am Anleger des Ruderclubs an. Wir hatten vor, zuerst noch
ein paar Sachen einzukaufen und danach ins China Restaurant zu gehen.
Beim China Restaurant angekommen, stellten wir fest, dass es
dort schon sehr voll war. Wir hatten leider nicht reserviert. Aber das Mädchen
an der Kasse sagte uns, dass wir einen Tisch bekommen könnten, wenn wir bis
21:30 Uhr fertig wären. Dieses Angebot nahmen wir dann dankend an. Sie führte
uns durch das Restaurant in den hintersten Raum. Dort lag wohl die Küche und
es war sehr warm. Aber wir waren froh, dass wir überhaupt einen Tisch
bekommen hatten, denn alle waren mächtig hungrig.
Als Vorspeise gab es eine House Combination: Loempia,
Spareribs, WanTan und Sesamtoast mit Fisch. Dies war schon sehr gut und wir
freuten uns auf den Hauptgang. Es gab Ente in Orangensauce, süßsaure Krabben
und Rindfleisch in Pfeffersauce.
Am Nachbartisch saßen zwei australische Paare. Sie bekamen
den ganzen Tisch voll gestellt und zählten schon nach, ob nicht zuviel
geliefert worden war. Ein Gericht war dann wohl tatsächlich übrig und sie
fragten uns, ob wir es haben wollten. Aber wir waren leider schon satt. Der
Nachtisch hätte eventuell noch gepasst, aber das Mädel kam nicht wieder. So
wurde es dann auch schon ½ 10 und wir mussten gehen.
Ein paar Häuser weiter kehrten wir in „The Tavern“ ein.
Die Musiker, die heute Abend spielen sollten, waren noch dabei, ihre Anlage
aufzubauen. Wir setzten uns in eine der hinteren Ecken.
Es waren vier Mann und einer von ihnen sah aus, als ob er
gerade aus dem Büro gekommen wäre. Sie hießen „TARA SHAMROCK“ und
hatten wohl auch schon eine Platte aufgenommen. Gegen ½ 11 fingen sie dann
auch endlich an zu spielen. Sie waren recht gut und fragten auch nach Musikwünschen
der Gäste. Wir schrieben auf einen kleinen Zettel unsere Wünsche: Molly
Malone, The town I loved so well, The old Triangle, Seven drunken Nights,
Spanish Lady und McAlpines Fusiliers. Bis auf Molly Malone spielten sie alle
von uns gewünschten Lieder. Die Stimmung war gut und da wir immer kräftig
mit klatschten hatten die Musiker ihren Spaß. Wir waren dann die „People in
the Corner“, da die Musiker uns in der Ecke hinter der Säule nicht sehen
konnten. Da wir nach der obligatorischen Nationalhymne Molly Malone immer noch
nicht gehört hatten, sangen wir es dann selbst und kassierten den Applaus.
Wir gingen zum Shannon zurück und, Gott sei Dank, war unser
Dinghy noch da. Der Junge von TARA Cruisers hatte uns nämlich am Nachmittag
noch erzählt, dass einen Tag vorher zwei Außenborder gestohlen worden waren.
Wir stiegen ein und fuhren los. Bis zur Brücke hatten wir auch noch Licht,
aber dann wurde es duster. Damit wir keine Marker umfuhren leuchteten wir mit
der Taschenlampe den Fluss ab.
Am Boot angekommen, waren wir alle rechtschaffen müde. Die
Nacht sollte sowieso nicht allzu lang werden.
Samstag, 08.07.1995
Um fünf Uhr rappelte der Wecker. Eine Tasse Kaffee und ein
paar Cornflakes, mehr gab es nicht zum Frühstück. Anschließend wuchteten
wir die schweren Koffer von Bord. Mit dem Glockenschlag sechs Uhr kam der
Transferbus. Der Fahrer wirkte auch noch etwas müde. Über unser schweres Gepäck
war er bestimmt nicht begeistert. Diesmal war es ein größerer Bus und wir
konnten es uns etwas bequemer machen als auf der Hinfahrt.
Auf dem ersten Teil der Strecke fuhren wir an einigen uns gut
bekannten Orten vorbei: Jamestown und Roosky. Etwas wehmütig warfen wir
einen letzten Blick auf den Shannon. Noch etwas zu schlafen war allerdings
fast unmöglich, da der Bus über die unebenen Straßen doch sehr wackelte und
rumpelte. Wilhelm legte sich auf die lange Rückbank und wäre beinahe
herunter gerollt.
Die Fahrt ging zügig voran und nach zweieinhalb Stunden waren wir am
Flughafen. Die EI 694 nach DUS sollte gegen zehn Uhr starten. Also gaben wir
schnell unser Gepäck auf, um noch etwas Zeit für den Dutyfreeshop zu haben.
Bepackt wie die Mulis frühstückten wir dann bei Burleys. Und dann ging’s
auch schon heimwärts.
Im Flugzeug bekamen wir noch mal Frühstück: Speck, Eier,
Black Pudding, Toast und Orangenmarmelade. Der Flug war ruhig und die Zeit im
Nu um.
Unsere Koffer waren in Düsseldorf beim Ausladen dann mit bei
den Ersten, aber leider mussten wir noch auf die Angelsachen warten. Monikas
Bruder holte uns, mit dem Passat der Beiden, vom Flughafen ab. Das ganze Gepäck im Auto unterzubringen war gar nicht so einfach,
Richard hatte nämlich vergessen, das Katzenfutter auszuladen. Aber mit Geduld
und Spucke kriegten wir dann doch alles unter. Die Angeltasche, quer auf dem
Schoß der im Font sitzenden, schaute sie nur ein wenig aus dem Fenster heraus.
Es waren fast 30°C und es war verdammt schwül. Prompt wünschten
wir uns die gemäßigten irischen Temperaturen herbei. Es war ein toller Urlaub und diesmal hatte uns auch Petrus verwöhnt. Wir haben viel Neues und Schönes gesehen und erlebt und
werden hoffentlich noch einige Zeit davon zehren.
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Musik
mit freundlicher Genehmigung von Desert
Awakening!
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